Verfügung > Zum Kriterium der »Decodierbarkeit« bezüglich der standardisierten Logik

Das Wissen um den verwendeten Code und die Handhabung der Materialien beeinflusst die spätere Reaktivierung. Beispielsweise bleibt der Erkenntnisstand der Inkas rätselhaft, weil es bis heute nicht gelungen ist, die komplexe Codierung durch farbige, geflochtene Schnüre aufzulösen. Gespeicherte Formen von Erkenntnis entfernen sich zunehmend von deren Entstehungsprozess. Nach der Entwicklung eines Objekts, beispielsweise eines stabilen Holzstuhls, kann der Stuhl zunächst als Anschauungsobjekt zur Anfertigung einer Kopie dienen. Im folgenden Schritt einer zunehmenden Codierung des Wissens, das zur Fertigung des Stuhls notwendig ist, könnten Schablonen zugeschnitten werden, mit deren Hilfe der Stuhltyp immer wieder auch ohne reales Vorbild nachzubauen wäre. In einem weiteren Schritt könnte ein vervielfältigbarer Plan gezeichnet werden, nach dem im Bedarfsfall die Schablonen erneuert und weitere Stühle herstellen werden könnten. Die Speicherung des Wissens durch Manifestation ist zunächst direkt aktivierbar und nachvollziebar indem ein Stuhl zum Sitzen, Testen und Nachbauen bereitsteht. Schritt für Schritt wird sie komplexer codiert und die Form der Wissensspeicherung wird immer abstrakter. Mit zunehmender Abstraktion der Speicherform wird das nötige Vorwissen zur Decodierung des aus der praktischen Erfahrung gewonnenen Wissens umfangreicher. Es reicht nicht mehr aus, Material und Werkzeug handhaben zu können, sondern abstrakte technische Zeichnungen oder Angaben zu Statik und Konstruktion müssen decodiert werden können.

Das innovative Potential von Design sollte dazu beitragen, die Decodierbarkeit durch Anknüpfung an bekannte Erfahrungsbereiche zu erleichtern. Hierzu bietet es sich als eine Möglichkeit an, Zwischenschritte der Abstraktion und Codierung zu dokumentieren und zugänglich zu halten. Dadurch wird zudem deutlich, dass von jedem Zwischenschritt aus innovative Weiterentwicklungen in verschiedene Richtungen erfolgen könnten, die gegebenenfalls nachträglich wieder aufzunehmen wären.

Beispiel für das innovative Potential von Design

Ein solches Hilfsmittel zur Decodierbarkeit im Bereich der Programmiertechnik stellt die Programmierung mittels Struktogrammen dar. Sie ist nicht an eine spezielle Programmiersprache gebunden, sondern fungiert als grafisch symbolisierte Metasprache. Die Darstellungsweisen der von I. Nassi und B. Shneiderman entwickelten und 1973 erstmals publizierten Struktogramme sind inzwischen international normiert. Durch die Verwendung dieser Struktogramme und sprechender, das heißt den Sinnzusammenhang verdeutlichender Variablen, wird es für Programmierer leichter, sich in die Struktur eines unbekannten Programms einzudenken und daran weiterzuarbeiten, auch wenn er die letztendlich verwendete Programmiersprache nicht beherrscht.

Alle Computerprogramme bieten durch Standards wie der Menüleiste und allgemeinen Funktionen zur Dateiverwaltung, der Hilfefunktion und den bei Bedarf zu öffnenden Funktionsfenstern eine Basisebene. Diese ist nicht nur für professionelle Anwender leicht decodierbar. Komplexere Programme bieten die Möglichkeit, bestimmte Basisfunktionen durch zusätzliche Programmmodule im Sinne eines innovativen Potentials von Design zu erweitern und auf diese Weise das Programm den speziellen Nutzungserfordernissen stufenweise anzupassen. Auch ohne Kenntnisse eines solchen Spezialprogramms wären die Standardanwendungen aufgrund der leichten Decodierbarkeit der Basisfunktionen jederzeit nutzbar.