Interaktion > Zum Hauptkriterium der »virtuellen Inszenierung« bezüglich der imaginativen Qualität

Der Bezug zur Welt unter der imaginativen Qualität der ästhetischen Erfahrung ist durch das Hauptkriterium der virtuellen Inszenierung zu kennzeichnen. Die ästhetische Qualität der Interaktionen mit der Welt wird nicht am konkreten Sosein der Dinge festgemacht und auch nicht am Zustandekommen einer lebendig scheinenden Nähe; vielmehr werden neue Möglichkeiten der Interaktion ausprobiert und alternative Dinge und Welten kreiert. Die Welt wird als virtuelle Inszenierung aufgefasst, die dem Erfahrungsprozess entsprechend zu verändern, neu zu arrangieren, in unterschiedlichster Weise zu entfalten ist und nicht als feste Größe akzeptiert. Das Potential für Interaktionen erscheint dann beinahe unendlich, obwohl die eigentliche Bedeutung der Dinge genauso bewusst bleibt. Jedoch liegt der Reiz der ästhetischen Erfahrung gerade darin, die Dinge und die Welt ungeachtet ihrer zweckvollen Ordnung immer wieder neu zu inszenieren und zu ordnen.

Menschen mit einem Selbstkonzept innerhalb dem der Weltbezug und die imaginative Qualität dominiert, räumen beispielsweise ihre Wohnung öfters um, verändern sonstwie ihr Umfeld oder ihre gedanklichen Fixierungen und sind erfinderisch. Nicht alle Personen mit dieser Neigung können Künstler oder Designer werden. Zudem entwerfen diese Berufsgruppen die Welt nicht aus beliebiger Lust und Laune heraus ständig neu. Ihre Professionalität erfordert in hohem Maße Ernsthaftigkeit und Verantwortung, so dass für bewusstes ästhetisches Vergnügen beim Tun wenig Raum bleibt. Ihre Aufgabe ist es, für anderen Menschen, die sich selbst durch Interaktivität in der Welt definieren und diese Erfahrung zur Entfaltung von Lebensqualität benötigen, Angebote für die Gestaltung ihres Lebenskontextes zu entwerfen, die das flexible Interagieren erleichtern und zu virtuellen Inszenierungen anregen. Die prospektive Aktualität sollte daraufhin konzipiert sein, Veränderungen zuzulassen und zu erleichtern.

Beispiel für die prospektive Aktualität von Design

Ein Mal- und Tagebuch für Kinder von Keith Haring enthält einige Bilder und Erzählelemente sowie Anhaltspunkte, Anregungen und viel freien Raum zum Ausgestalten. Dadurch wird eine Möglichkeit der Inszenierung gezeigt, die Angst vor dem großen, weißen Blatt genommen und gleichzeitig die interaktive Entwicklung eigener Szenarien erleichtert. Vielleicht entwickeln einige Kinder daraufhin eigenständig weitere Bücher.

Während viele Möbelhersteller Kinderzimmer für Kleinkinder mit reichlich Spielmöglichkeiten anbieten, gibt es für Jugendliche in dieser wichtigen Entwicklungs- und Veränderungsphase kaum Möbel, die dem Hauptkriterium der virtuellen Inszenierung entsprechend für alternative Interaktionen geeignet sind.

Von dem Wunsch, sich selbst durch die Interaktion mit der Welt immer wieder anders zu erleben, profitiert die Mode. Einkaufszentren oder Kaufhäuser arrangieren ihre Ware immer wieder anders, dekorieren die Schaufenster um, bieten besonderer Ereignisse an, damit sich der Kunden bei jedem Besuch als Akteur in einer neuen virtuellen Inszenierung fühlt.

Die prospektive Aktualität kommt nur zur Geltung, wenn Nutzer oder Rezipienten aktiv die vorausschauend auf die Zukunft gerichteten, gezielt angelegten Möglichkeiten entfalten. Vielfach wünschen sich die Nutzer zwar eine virtuelle Inszenierbarkeit, aber sie sind später nicht entsprechend aktiv. Viele Produkte wie Kameras, Computer oder HiFi-Anlagen sind technisch überfrachtet, weil sie auf alle Eventualitäten hin angelegt sind und werden nie über die normale Beanspruchung hinaus eingesetzt.

In Städten werden Bewohnern und Gästen phasenweise durch künstlerische Themenschwerpunkte oder Park- und Gartengestaltung, Straßenfeste usw. Inszenierungen geboten, die den Bewohnern ihre städtische Umgebung auf neue Weise erfahrbar machten. Die Bewohner erhalten dadurch die Anregung, sich über die normalerweise im Alltäglichen verborgenen Möglichkeiten des städtischen Lebens bewusst zu bleiben.

Interaktion > Zum Hauptkriterium der »lebendigen Anmutung« bezüglich der empathiven Qualität

Zum Gefühl, in einer Umgebung zu Hause zu sein, gehört die sinnliche Erfahrung von Anmutungsqualitäten, die eine Beziehung von Nähe und Lebendigkeit zu diesem Umfeld vermitteln. In einer völlig reizarmen Umgebung fühlen Menschen sich auf Dauer nicht wohl, da ihre sinnliche Aktivität keine Angebote findet und keine positive atmosphärische Stimmung zu der Umgebung aufbauen kann. Sogar das Rauschen einer Klimaanlage kann das Gefühl einer lebendigen Anmutung vermitteln wie sich an einem konkreten Fall zeigen lässt (vgl. Bedrohliche Stille, in: Der Spiegel, 10/97, S. 227). Eine Großbank hatte ihre Klimaanlage erneuern lassen und die Beschäftigten litten unter der ungewohnten Stille. Deshalb wurden nachträglich Lautsprecher angebracht, die mit einem speziellen Sound-Design gespeist werden, das in Form unterschiedlicher Maskierungsgeräusche einzelne Arbeitsinseln erzeugt.

Zu den Gestaltungsmitteln, durch die das Entstehen eines Gefühls von lebendiger Anmutung begünstigt werden kann, gibt es viele Untersuchungen, die sich auf die Anthropologie oder auch die Anthroposophie berufen (vgl. z. B. Schneider, 1995) und um die Aufstellung allgemeingültiger Regeln hinsichtlich dem ästhetischen Empfinden bemüht sind. Beispielsweise stehen rötliche Farbtöne eher für ein Gefühl von Wärme oder Nähe und blaue Farben eher für ein Gefühl von Kühle oder Ferne. Gerade das Farbempfinden ist aber in hohem Maße neben den gattungsspezifischen physiologischen und den psychologischen Bedingungen sehr stark von den Einflüssen des Lebenskontextes geprägt (vgl. Heller, 1989).

Aussagen zum Gefühl der lebendigen Anmutung von Gegenständen bis zur gesamten Lebensumwelt sind nicht pauschal festlegbar und wie Faktenwissen weiterzugeben oder als Vorratswissen für eine später möglicherweise eintretenden Situation zu erlernen. Vielmehr sind die hinter den Aussagen stehenden Kriterien zu erfassen und je nach der Problemstellung des Projekts neu mit Leben zu füllen. Wenn über die Umsetzung erlernten, scheinbar verlässlichen Faktenwissens, hinausgehend nicht auch auf die spezielle Situation angepasste Gefühle aus- und angesprochen werden, wirken Designentwürfe irgendwie leblos. Doch in Hinsicht auf das Verhalten in der gegenständlichen Umwelt spielt das Gefühl als Motivation für ästhetische Erfahrung eine große Rolle. Je größer der Anteil von gesichtslos und steril wirkenden Objekten, die der Suche nach Gefühlen keine Resonanz bieten, in der menschlichen Lebensumgebung wird, desto verlorener und haltloser fühlen sich viele Menschen. Besonders fatal wirkt sich hier die Ansicht vieler Planer und Gestalter aus, gefühlvolles Design sei zwar im privaten, jedoch nicht im öffentlichen Raum angebracht. Die evokative Aktualität könnte demgegenüber durch entsprechende Gestaltung das Gefühl von lebendiger Anmutung wecken und zur aktiven Mitwirkung zur Erhaltung einer lebenswerten Welt einladen.

Beispiel für die evokative Aktualität von Design

Weil viele Menschen bezüglich ihrer öffentlichen, alltäglichen Lebensumgebung nur wenige Gefühle von lebendiger Anmutung entwickeln können, verlieren sie das Interesse an dieser »kalten Welt«. Um durch die gefühlsorientierte ästhetische Erfahrung den gegenwartsbezogenen Kontakt zum Lebenskontext zu erhalten, ist es besser, zum Beispiel in sozialen Einrichtungen Zonen zu schaffen, die mangels Möglichkeit der gemeinsamen Abstimmung zunächst irgendeine Form von lebendiger Anmutung ansprechen, als dem vermuteten kleinsten gemeinsamen Nenner entsprechend ein unauffälliges Reizniveau zu erzeugen.

Menschen engagieren sich für die Pflege und Mitgestaltung der Qualität ihres Lebenskontextes, sei dieser privat oder öffentlich wie ein Park, eine Wohnstraße, ein Gruppenraum usw. sicher intensiver, wenn sie das Gefühl der lebendigen Anmutung und der innerlichen Nähe zu den Gegenständen und ihrem Lebensumfeld einmal bewusst erfahren haben. Deshalb sollten Designer besonderes Verständnis für die Vielfalt von angenehm und lebendig empfundenen Anmutungen bezüglich des Lebensumfelds und Sensibilität für deren Ausdruck durch unterschiedlichste Gestaltungsmittel entwickeln und gestalterische Freiräume für Eigeninitiativen anbieten. Wie groß das Interesse an markant gestalteten Erlebnisräumen ist, zeigt mangels vergleichbarer qualitativ besserer Angebote in der Region, der Erfolg des Einkaufszentrums Centro, der nach Auswertung erster Bilanzen weniger im guten Absatz, als vielmehr an dem Interesse der Besucher liegt, sich in einem lebendig wirkenden, freundlichen Ambiente aufzuhalten.

Interaktion > Zum Hauptkriterium der »konkreten Dinglichkeit« bezüglich der perzeptiven Qualität

Die perzeptiven Qualifizierung erfolgt unter völliger Absehung von subjektiven Interessen. Deshalb wird sowohl im eher rezeptiven, als auch eher produktiven Interagieren der Anlass der Reize, beispielsweise die Gegenstände des Lebenskontextes, in ihrer konkreten Dinglichkeit angenommen. Jedes Ding ist demnach in der bewussten ästhetischen Anschauung thematisierbar, ohne gleichzeitig psychologische Interpretationen ausdrücken oder anregen zu müssen. Dadurch wird es möglich nach Kriterien und Gesetzmäßigkeiten der Anschauung zu forschen, die sich nur auf die Organisation der Gestaltungsmittel, die für die das Zustandekommen und die perzeptive Qualität von konkreter Dinglichkeit nötig sind, konzentrieren (vgl. Kapitel 3.1.2). Diese Überlegungen prägten zu Beginn dieses Jahrhunderts das künstlerische Denken, flossen in die Lehre des Bauhauses ein und trugen zu einem an der formalen Ästhetik ausgerichteten ästhetischen Grundverständnis bereits in der Entstehungsphase von Design als eigener Disziplin bei.

»Kandinsky attestiert dem zweidimensionalen Formelement die Qualität eines Dinges, um es von jeder Nachahmungsfunktion zu entbinden und seine Eigenständigkeit zu betonen ­ denn ein Ding ahmt ja nichts nach, sondern stellt sich selbst dar.« (Hofmann, 1987, S. 55)

Eine Linie soll nicht als Abbild, Ornament, Symbol oder sonstiges Zeichen, sondern einzig in ihrer Selbstbezüglichkeit als geformtes Ding gesehen werden. Hier ist nochmals daran zu erinnern, dass die konkrete Dinglichkeit nur in der sinnlichen Anschauung durch Interaktion entfaltet wird, also nicht in gleicher Form unabhängig vom Instrumentarium des menschlichen Körpers und der gehirninternen Verarbeitung real existiert. Design mit dem Schwerpunkt der formativen Aktualität wird im Hinblick auf die Förderung der perzeptiven Erfahrungsqualität entworfen. Dies heißt bezüglich dem Hauptkriterium der konkreten Dinglichkeit, dass es eine bestimmte Art und Weise der Interaktion mit der Welt kennzeichnet und diese fördert.

Die Besonderheit dieser Interaktion liegt bei der Rezeption oder Nutzung in der Akzeptanz und bei der gestalterischen Produktion in der Konzeption der Eigenaktivität der Dinge. Entsprechend dem ästhetischen Eigenwert oder Selbstzweck liegt der Zweck der solchermaßen gestalteten Dinge primär in ihrem Gebrauch, das heißt, der auf sie gerichteten Interaktion selbst, nicht in ihrem instrumentellen Potential. Inwieweit die rezeptive Interaktion festgelegt ist, ob ein großer Spielraum bleibt oder strikte Grenzen gesetzt sind, ist graduell variierbar. Nicht jeder ist gewillt oder fähig, sich auf die allzu einengende formative Aktualität von Design einzulassen. Die Einschätzung der formativen Aktualität als reizvolle oder zwanghafte konkrete Dinglichkeit hängt von der qualitativen Ausrichtung der ästhetischen Erfahrung und der Kennerschaft ab.

Designer erliegen während dem Designprozess, der sich im Wechsel von produktiver und rezeptiver Interaktion entwickelt, oft selbst dem Reiz der konkreten Dinglichkeit, indem sie letztlich zu viele Details bezüglich der perzeptiven Qualität festlegen. So lassen sich manche Entwürfe für das heimische Badezimmer zwar schön fotografieren, sind aber für die interaktive Erschließung der konkreten Dinglichkeit als Hauptkriterium der Erfahrungsqualität nicht mehr geeignet, weil ihre Perfektion durch jede Interaktion sofort zerstört wird.

Beispiel für die formative Aktualität von Design

Viktor Vasarely (1908-­1996) entwickelte eine Methode, um wissenschaftliche Vorstellungen von Raum und Zeit in Sinnesempfindungen zu übertragen. Er konzipierte beispielsweise eine Art abstraktes Puzzle, das auch ohne künstlerische Vorbildung zu verschiedenen sinnlich reizvollen Form- und Farb-Kompositionen arrangiert werden kann. Es entstehen also keine beliebigen Arrangements, weil bestimmte Vorgaben eingebaut sind, die der spielerisch Interagierende beachten muss.

Einige Computerspiele sind dann der formativen Aktualität von Design zuzuordnen, wenn der Spieler zwar Entscheidungsfreiheiten hat, aber der Spielverlauf relativ festgelegt und mit der Absicht geplant ist, dem den Regeln folgenden Spieler ein gewisses Maß an ästhetischem Vergnügen zu garantieren.

Ebenso gibt die barocke Gartengestaltung bestimmte Wegeführungen vor, die nicht in erster Linie dazu dienen, den Garten schnell zu durchqueren. Vielmehr geht es darum während der Interaktion mit der Gartenanlage eine perzeptive Qualität entfalten zu können. Ähnliches erlebt man beim stressfreien Schlendern durch eine unbekannte Altstadt. Auch einige neuere Wohnsiedlungen bieten regelmäßige und doch variierende Strukturen an, deren Erschließung durch einen Spaziergang sinnlich perzeptives Vergnügen macht.

Kommunikation > Zum Hauptkriterium der »projektiven Einigkeit« bezüglich der imaginativen Qualität

Während das gegenwärtige Gefühl der Verbundenheit flüchtig ist und an momentanes Erleben gekoppelt bleibt, ergibt sich aus der Gedächtnisfunktion von Gefühlen als allgemeinen Erfahrungsqualitäten die Grundlage zur langfristigen Erhaltung von gemeinsamen Erlebnissen, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder aktiviert und weiterentwickelt werden können. Eine kommerzielle Umsetzung findet das Wissen um die Wichtigkeit dieses Wir-Gefühls für das Selbstkonzept und die Wertung von Erfahrung anhand der Hauptkriterien der gegenwärtigen Verbundenheit und der projektiven Einigkeit durch Incentives-Agenturen. Diese organisieren besondere Reisen als Belohnung und Ansporn für erfolgreiche Mitarbeiter eines Unternehmens. Mit diesen Reisen wird für die zur Teilnahme ausgewählten Firmenmitglieder zunächst ein verbindendes Erlebnis erzeugt. Darüber hinaus wird aber auch die Projektion von Einigkeit in Form einer unvergesslichen gemeinsamen Erinnerung oder der Aussicht auf ein noch schöneres Zusammensein im nächsten Jahr geschaffen.

Die Erinnerung oder die Vorstellung in Zukunft etwas ähnlich Schönes zu erleben ist der imaginativen Qualität zuzuordnen. Hinsichtlich der Beziehung von imaginativer Qualität und Kommunikation, wird die projektive Einigkeit zwischen den Menschen zum wichtigsten Hauptkriterium zur bewussten ästhetischen Erfahrungsbeurteilung. Die Projektion dieser Einigkeit kann sowohl in die Zukunft, als auch in die Vergangenheit gerichtet sein und ist unabhängig von einer gegenwärtigen Zusammenkunft, obgleich diese bestärkend wirken kann.

So bilden Menschen, die ansonsten völlig unterschiedlich leben, Gruppierungen aufgrund des gemeinsamen Bezugs auf die projektive Einigkeit, die wesentlich zu ihrem Selbstkonzept gehört. Menschen die ihre Heimat verlassen mussten und sich entwurzelt fühlen, treffen sich mit Schicksalsgefährten, mit denen sie daheim womöglich niemals zu tun gehabt hätten, und stellen eine projektive Einigkeit durch den gemeinsamen Bezug auf das Heimatland her. Wissenschaftler, die in ihre einsame Forschung vertieft sind, werten ihre damit verbundenen ästhetischen Erfahrungen trotz gegenwärtiger Misserfolge an der imaginativen Qualität und fühlen sich durch eine projektive Einigkeit mit Kollegen verbunden. Die gemeinsame Hoffnung auf das Erreichen eines wissenschaftlichen Durchbruchs in der Zukunft, kann sogar Konkurrenten vereinen. Ebenso stellen beispielsweise Politiker die Reflexion ihrer auf das innere Selbst bezogenen ästhetischen Erfahrung zurück und bewerten diese vorwiegend im Hinblick auf die projektive Einigkeit, das gemeinsame Ziel der Partei.

Durch das Hauptkriterium der projektiven Einigkeit entsteht einerseits ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl und andererseits ein markanter Orientierungswert als Bezug für die individuelle ästhetische Erfahrung. Dies gilt ungeachtet der inhaltlichen Bedeutung oder ethischen Bewertung gleichermaßen für kommunikatives Engagement innerhalb auf breiter Basis sozial legitimierter Gruppen, wie auch innerhalb problematischer Randgruppen. Eine Lebensgestaltung die großteils aus der kommunikativen, auf die Mitmenschen bezogenen Dimension des Selbstkonzepts erwächst und sich die perzeptive und die empathive Qualität vernachlässigend an der imaginativen Qualität und dem Hauptkriterium der projektiven Einigkeit orientiert, ist immer wieder kritisch zu prüfen. Die Ausrichtung der ästhetischen Erfahrung auf eine Projektion und die Gewöhnung an diese kann leicht dazu führen, dass sie zum lebensfremden und gefährlichen Dogma mutiert. An diesem kann zwar die eigene Lebensqualität verankert bleiben, aber durch die Bindung des Selbstverständnisses an Mitmenschen und Kommunikation wird mit der persönlichen Orientierung an der projektiven Einigkeit ungeprüft die Überzeugung verbunden, dass diese Projektion auch für andere Menschen gut sein muss. Darin liegt die Gefahr einer gewaltsamen Realisation der projektiven Einigkeit. Dies gilt für rückwärtsgewandte Projektionen von Fundamentalisten ebenso, wie für zukunftsweisende Projektion von Utopisten.

Der Gefahr einer Verabsolutierung der projektiven Einigkeit ist dadurch zu begegnen, dass die Projektionen nicht in weite Ferne gerückt werden oder zu große Mächtigkeit erhalten wie dies bei religiösen Projektionen oft der Fall ist. Ihre Einlösungsmöglichkeit muss erreichbar erscheinen und nach einer eventuellen Konkretisierung der projektiven Einigkeit als gegenwärtige Verbundenheit, sollten neue Projektionen entwickelbar bleiben. Mit diesem Verständnis kann die projektive Einigkeit als Hauptkriterium der imaginativen Qualität innerhalb der ästhetischen Erfahrung viel zur Kommunikationsbereitschaft und zum friedlichen Zusammenleben beitragen und ist deshalb durch die Ausrichtung von Design auf die prospektive Aktualität zu fördern.

Beispiel für die prospektive Aktualität von Design

Erfolgreiche Projekte mit als schwierig geltenden Jugendlichen zeigen, wie wichtig es für die Überwindung deren negativer Situation ist, eine Perspektive von zukünftiger Einigkeit zu entwickeln, auf die schon jetzt gemeinsam hingearbeitet werden kann. Anstelle ein perfektes Jugendzentrum errichten zu lassen, ist es besser, die Betroffenen in die Planung und den Bau des Zentrums aktiv miteinzubeziehen und die entwickelten Ideen nicht alle sofort, sondern Schritt für Schritt umzusetzen. Das gemeinsame Ziel überbrückt gegenwärtige Differenzen und verhilft zu einem langfristigen Verständnis der Jugendlichen füreinander.

Die von Gene Roddenberry begründete Science Fiction Serie Star Trek entwirft eine Zukunft, in der Lösungswege für moralische und technische Probleme entwickelt werden und friedliches Koexistenz von Menschen mit Außerirdischen möglich ist. Einzelne Episoden thematisieren Fragestellungen, die im heutigen Alltagsleben aktuell werden könnten und bieten Lösungen im Sinne der projizierten Lebensweise an. Weil diese Projektion von Einigkeit nicht zu phantastisch, sondern konkretisierbar erscheint, vermittelt sie den Zuschauern die ästhetische Erfahrung der auf Kommunikation und Mitmenschen bezogenen imaginativen Qualität. Im Rahmen der Conventions ist zu beobachten, welch unterschiedliche Menschen sich aufgrund dieser Perspektive begegnen und miteinander kommunizieren.

Kommunikation > Zum Hauptkriterium der »gegenwärtige Verbundenheit« bezüglich der empathiven Qualität

Der Glaube an das Mythische als Gefühl einer ursprünglichen Verbundenheit allen Lebens ist mit der von Max Weber diagnostizierten »Entzauberung der Welt« im Zuge der wissenschaftlichen Aufklärung des Menschen verloren gegangen. Heute ist Verbundenheit als gemeinsames Gefühl der Zusammengehörigkeit als gegebener, sicherer Halt oder als einschränkende Bremse individueller Tätigkeitsorientierung erlebbar. In einer Kultur, die das Individuelle fördert, wird das Gefühl der geteilten Verbundenheit daher meist nur phasenweise und hinsichtlich verschiedenen Anknüpfungsmöglichkeiten gesucht. Sie muss durch ständige Kommunikation immer wieder aufgebaut oder gepflegt werden. Nicht die Auflösung der je individuellen Position im gemeinsamen Konsens, sondern die respektvolle Toleranz des Andersseins und das Aufrechterhalten der Kommunikation kennzeichnen das Gefühl der Verbundenheit. Dessen Bedeutung löst sich durch dieses Verständnis von der Assoziation der unmittelbaren Gemeinsamkeit und verbindet sie mit einem Medium. Dies kann die Sprache sein oder ein Fußballspiel, ein Film, ein Autorennen, eine Oper, ein Essen usw. Das Medium beeinflusst als bedingende Voraussetzung die Art und Weise der möglichen Kommunikation und damit auch die Qualität des Gefühls der Verbundenheit (vgl. Kapitel 5). Beispielsweise konkretisiert sich dieses Gefühl durch die Kommunikation mittels Internet in einer neuen Form, indem Menschen die Möglichkeit des Mediums nutzen, verschiedene Identitäten anzunehmen und dadurch Kontakte herstellen, die durch konventionelle Medien in dieser Art nicht zustande gekommen wären.

Während zum Beispiel das Medium Buch den Rezipienten auf sich selbst verweist, eignen sich die oben genannten Medien dafür, Kommunikation und Interaktion gemeinsam zu erleben und in gegenwärtiger Verbundenheit aktiv, sei es allein durch Anwesenheit, Beifallsbekundungen, persönliche Beiträge usw., mitzugestalten. Designer können das Entstehen des Gefühls der gegenwärtigen Verbundenheit fördern, dessen Verlauf strukturieren, sowie Gestaltungsmöglichkeiten für die Akteure anbieten.

Für die Konzeption solcher Erfahrungsangebote benötigen Designer neben dem fachspezifischen Wissen zu Gestaltungsmitteln, die räumliche und zeitliche Anschauungsformen, also Komposition und Dramaturgie verbinden, auch Kenntnisse in der Soziologie (vgl. Kapitel 4).

Beispiel für die evokative Aktualität von Design

Beispiele hierfür lassen sich beim Event-Design ebenso finden, wie bei der Gestaltung des alltäglichen Lebensraums. So kann das Konzept der Frankfurter Küche von Margarete Schütte-Lihotzky bei allen Pluspunkten dahingehend kritisiert werden, dass gemeinsames Kochen als Medium zur Pflege familiärer Verbundenheit in dem schmalen Raum fast unmöglich ist. Im Bereich der Arbeitsplatzgestaltung ist es wichtig, Zonen einzurichten, die zum kurzen Verweilen einladen, wie Stehtische für Raucher oder in Nähe eines Kaffeeautomaten, und dadurch das Zustandekommen eines Gesprächs erleichtern. Bei Messen ist es entscheidend, geschäftlich oder privat interessierte Besucher, beispielsweise durch schmale oder breite Durchgänge zu kanalisieren, damit potentielle Gesprächspartner zusammenfinden. Ein Event, wie die Präsentation eines neuen Rennwagens oder der Haute-Couture, die Eröffnungsfeier von Olympischen Spielen, die Höhepunkte eines Abenteuerurlaubs usw. muss allen Beteiligten das verbindende Gefühl vermitteln, an einem unwiederholbaren Ereignis teilzunehmen. Die Gestaltung von Events im weiteren Sinne wird voraussichtlich in Zukunft durch die Globalisierung der Wirtschaft weltweit stärker nachgefragt. Bisher sind nur vereinzelt Designer in diesem Bereich tätig. So inszenierte der Designer Hans Donner die Samba-Parade in Sao Paulo. In gesellschaftlicher Hinsicht kann das Gefühl der gegenwärtigen Verbundenheit sowohl durch Machtdemonstrationen, wie Militärparaden, als auch durch Protestmärsche zur Bekundung von Solidarität politische Brisanz gewinnen.

Kommunikation > Zum Hauptkriterium der »geschmacklichen Gemeinsamkeit« bezüglich der perzeptiven Qualität

Die Wertung von ästhetischem Reizmaterial als Eigenwert und die Qualität der Entfaltung von reflektierter Sinnlichkeit bezüglich dieser Reize ist für Kant mit dem Anspruch auf Zustimmung durch den Gemeinsinn verbunden und im Apriorischen verankert. Demjenigen, der hierzu nicht fähig ist, bescheinigt Kant einen »barbarischen Geschmack«. In der Folge bediente sich das Bildungsbürgertum zunehmend dieses Arguments, pflegte den guten Geschmack und begründete dadurch eine Gemeinsamkeit, aus der alle diejenigen, welche diesen Geschmack nicht teilten, ausgeschlossen blieben. Man hielt sie im Grunde für geistig minderbemittelt, wenn sie unfähig waren, intuitiv die Besonderheit eines ästhetischen Objekts zu erfassen. Es schien so, als gäbe es nur einen richtigen guten Geschmack. Indem sich jeder gebildete Mensch bemühte, seine ästhetischen Wertungen dieser Norm anzugleichen, wurde sie immer weiter bestätigt. Gemeinsamkeit und Kompetenz zur entsprechenden Geschmacksbildung begründeten sich gegenseitig. Aber diese Gewachsenheit des Geschmacks aus der kommunikativen Praxis der Bildungsbürger wurde von ihnen selbst nicht erkannt. Der Soziologe Pierre Bourdieu analysierte die soziologischen Bedingungen der Möglichkeit von ästhetischen Wertungen und deckte die Nutzung des Geschmacks als Unterscheidungskriterium zur Festigung sozialer Hierarchien auf.

»Damit die Gebildeten an die Barbarei glauben und ihre Barbaren im Lande von deren Barbarei überzeugen können, genügt es, dass sie es fertig bringen, die sozialen Bedingungen zu verschleiern (auch sich selbst zu verschleiern), auf denen nicht nur die als zweite Natur verstandene Bildung beruht, an der die Gesellschaft die menschliche Auszeichnung oder den bon goût als Verwirklichung in einem von der Ästhetik der herrschenden Klassen bestimmten Habitus erkennt, sondern auf die darüber hinaus auch die legitimierte Herrschaft sich stützt ­ oder, wenn man so will, die Legitimität eines partikularen Begriffs von Bildung. Und auf das der ideologische Zirkel sich vollständig schließe, bedarf es nur noch der Vorstellung von einer Art Wesenszweiteilung ihrer Gesellschaft in Barbaren und Zivilisierte, um ihr Recht bestätigt zu finden, über die Bedingungen zu verfügen, nach denen der Bildungsbesitz und der Ausschluss von diesem Besitz, d. h. ein Naturzustand produziert wird, der notwendig so erscheinen muss, als sei er in der Natur jener Menschen begründet, die an ihn veräußert sind.« (Bourdieu, 1974, S. 197 f.)

Bourdieu zeigt erstens, dass sich weder Gemeinsamkeit noch Geschmack weiterhin durch Berufung auf einen allseits verbreiteten Gemeinsinn begründen lassen und nur kommunikativ entwickelbar sind. Zweitens konfrontiert er das Individuum mit der Tatsache, dass die subjektive Geschmacksbildung immer schon durch das soziale Umfeld vorgeprägt ist. Drittens stellt er den Anspruch der herrschenden Klasse auf die Bestimmung dessen was Bildung und eben auch Geschmack sein soll, in Frage (vgl. dazu auch T. Veblen, 1993).

Aus all dem folgt, dass in einem aktualisierten philosophischen Modell der apriorische Anker dynamisch und zusätzlich an verschiedenen Positionen platzierbar vorzustellen ist. Die Entwicklung von Gemeinsamkeit, die sich in einem gemeinsamen Geschmack ausdrückt, ist nicht mehr allein durch die Teilnahme am bildungsbürgerlichen System legitimiert, sondern ist im Prinzip von jeder sozialen Gruppierung zu betreiben. Insbesondere junge Menschen artikulieren ihre Gemeinsamkeit durch formale Mittel wie Musik, Kleidung, Begrüßungsrituale. Nach Bourdieu’s Theorie werden diese formalen Mittel zur Abgrenzung und Unterscheidung ebenso wie zur Demonstration von Gemeinsamkeit und Zugehörigkeit genutzt. Bei längerem Bestehen solcher Szenen oder Subkulturen, wie beispielsweise Punk und Techno, oder anhaltendem Interesse an bestimmten Ausdrucksformen und Genres, wie Rock­ Musik, B­-Movies, Flyer usw., kommt es genauso wie in der politisch als solche definierten Hauptkultur zur zunehmenden Verfeinerung, Spezialisierung und differenzierten Qualifizierung der formalen Mittel und der gemeinsamen Kultivierung von geschmacklicher Kennerschaft.

Das Einüben einer innerlich distanzierten Beobachtungsweise, welche beispielsweise professionelle Designer und alle an der Planung von Werbekampagnen oder Konzepten für Corporate Identity beteiligten Personen praktizieren sollten, müsste anhand einem demonstrativ zur Schau gestellten Stilpluralismus auch den Laien leichter fallen. Was durch das Zappen zum Sammeln von Material als Basis für vergleichende Analysen von Ausdrucksformen geschmacklicher Gemeinsamkeit zwischen verschiedenen Fernsehsendern, Sekten, Theorien, Lebensstilen, Szenekneipen usw. an Authentischem verloren geht, kann an aufgeklärtem Bewusstsein, auch hinsichtlich der eigenen Position, hinzugewonnen werden. Das Reflektieren von Ästhetischem muss nicht mit der Verweigerung der persönlichen Teilnahme an der kommunikativen Pflege und Entwicklung geschmacklicher Gemeinsamkeit einhergehen. Weitere Wertungsdimensionen für die Reflexion werden aber erst durch das Hinterfragen eigener Gewohnheiten und dem entsprechenden Naivitätsverlust bezüglich der ästhetischen Urteilsbildung erschließbar. Dies gilt für den in modischen Accessoires schwelgenden Friseur ebenso, wie für den, einem asketischen, minimalistischen Formenkanon nacheifernden Architekten oder Designer. Keine Ausdrucksform geschmacklicher Gemeinsamkeit ist von sich aus besser oder höher zu stellen als eine andere.

Beispiel für die formative Aktualität von Design

Seit den 80er Jahren hat sich das neue Gebiet der Lebensstil- und Trend-Forschung (vgl. Kapitel 4.1) etabliert und viele Firmen versuchen mit ihren Produkten und ihrem Firmenimage von bereits vorhandenen geschmacklichen Gemeinsamkeiten bestimmter Zielgruppen oder von deren Initiierung durch trendgerechtes Design zu profitieren. Eher traditionell geht dabei beispielsweise die Firma Ritzenhoff vor, die anstelle von Sammeltassen oder Wandtellern Milchgläser, die von Künstlern und Designern gestaltet sind, anbietet und auch einen »Milch-Club« gegründet hat.

Private Fernsehsender versuchen ebenfalls die geschmackliche Gemeinsamkeit ihre Zielgruppe durch Zusatzprodukte und Club-Angebote auszubauen. Das Werbekonzept der Firma Nike beschränkt sich nicht mehr auf traditionelle Werbeformen, hinzu kommt verstärkt Sponsoring von Sportveranstaltungen, wie Streetball, bei denen Kinder und Jugendliche Gemeinsamkeit erleben die durch Produkte und den Stil einer Firma vermittelt wird. Durch Gewöhnung, bzw. Habituation, soll aus dieser geschmacklichen Gemeinsamkeit eine Produktbindung entstehen, welche die Kids zu sicheren Kunden der Sportbranche aufbaut. Ein Kind nimmt eine solche Veranstaltung noch im authentischen Sinne als Lebensgefühl wahr, Jugendliche sind schon kritischer und Erwachsene müssten diese Kommunikationsstrategien zur Produktbindung vollkommen durchschauen.

Selbstreflexion > Zum Hauptkriterium des »fiktiven Selbstentwurfs« bezüglich der imaginativen Qualität

Erfolgt die Selbstreflexion in Hinsicht auf die imaginative Qualität, so sind die momentane sinnliche Gegebenheit und die gefühlte Zuständlichkeit des Selbst weniger wichtig. Vielmehr ist nun das Hauptkriterium des fiktiven Selbstentwurfs ausschlaggebend für die Bewertung der ästhetischen Erfahrung. Der fiktive Selbstentwurf kann über einen faktisch bestehenden negativen Zustand hinwegtäuschen, indem versäumt wird, an den derzeitigen Lebensumständen etwas zu ändern, er kann aber auch als motivierender Antrieb wirken.

Je nach Ausrichtung des Selbstkonzepts kann der fiktive Entwurf des inneren Selbst für die persönliche Entwicklung einer Lebensperspektive und die Beurteilung von Lebensqualität entscheidend sein. Vielfach wird heute die Meinung vertreten, dass allein durch die Möglichkeit des fiktiven Selbstentwurfs und dessen schrittweiser Konkretisierung oder Modifizierung, Selbstverwirklichung möglich sei. Daraus folgt dann, dass die Erwartung einer ästhetischen Erfahrung, die nach einer erbrachten Leistung eintreten soll, allein am inneren Zustand konzentriert vorgestellt wird. Viele Sportler trainieren nicht für den Moment der sozialen Anerkennung auf dem Siegerpodest, sondern wollen sich selbst beweisen, dass sie ihrem Selbstentwurf näher kommen. Angestellte machen unbenötigte Überstunden und stellen sich vor, eine Karriereleiter zu erklimmen, ungeachtet, ob diese sozial anerkannt wird oder nicht. Manche Menschen sammeln tragische Erfahrungen, um ihr Selbst nach der Vorstellung, die sie von einem Künstler haben, zu formen und Inhalte für ihre Werke zu finden.

Das innere Selbst, das stark auf subliminaler Ebene vorstrukturiert wird, ist durch bewusste Reflexion nicht beliebig auf einen fiktiven Selbstentwurf hin umzuformen. Dieser sollte nicht als an gerade aktuellen Vorbildern angelehntes Idealbild, sondern vielmehr in Verbindung mit dem inneren Selbst als dessen positive Entwicklungsperspektive modelliert werden. Deshalb könnte die prospektive Aktualität zunächst viele Alternativen zur Entdeckung wesentlicher Eigenheiten des inneren Selbst anbieten, um dann die Orientierung am davon abgeleiteten Selbstentwurf zu erleichtern. Insbesondere Kinder sollten die Möglichkeit haben, viele Tätigkeiten kurz auszuprobieren, um herauszufinden, was ihnen Spaß macht und worin sie gut sind und sie entsprechend den gefundenen Neigungen und Fähigkeiten fördern zu können.

Beispiel für die prospektive Aktualität von Design

Eher einem kurzsichtigen, denn einem vorausschauenden Design entsprechen Wohnsiedlungen für Einfamilienhäuser mit sehr knappen Grundstücken und schmalen, gepflasterten, Spielstraßen. Solange die dort aufwachsenden Kinder klein sind, können sie relativ ungefährdet im Freien spielen, denn die Idylle scheint wie für sie gemacht zu sein. Wenn sie aber in das Jugendalter kommen, stört in dieser Enge zwangsläufig das Mofa, der Hund, das Ballspiel mit anderen, laute Musik oder jeder Ölfleck, der bei Reparaturversuchen daneben geht. Die Jugendlichen haben dort genaugenommen ebenso wenig Entfaltungsmöglichkeiten wie in großen Hochhaussiedlungen. Hier wurde nur kurzfristig den Wunschträumen der jungen Eltern, Hausherren zu sein, entsprochen ohne die zu erwartenden Bedürfnisse der Kinder nach persönlicher Entfaltung mit einzuplanen. Andererseits haben es die Hausbesitzer ebenso versäumt, für sich selbst voraus zu denken, denn auch für rüstige, alte Menschen fallen Garten, Bastelwerkstatt, Kaninchen- oder Taubenzucht usw. als mögliche Bestandteile des fiktiven Selbstentwurfs aus, weil der Freiraum um die Häuser einfach zu klein ist.

Selbstreflexion > Zum Hauptkriterium des »bewussten Selbstgefühls« bezüglich der empathiven Qualität

Während der empathiven Erfahrungsbewertung tritt die momentane Gegebenheitsweise der Erfahrungsinhalte zugunsten der Reflexion des inneren Zustands, der mit ihnen verbunden ist, in den Hintergrund. Das Hauptkriterium des bewussten Selbstgefühls bezieht sich auf das subjektive, innerliche Selbst. Zwei wesentliche Kriterien bestimmen das Selbstgefühl. Erstens wird mit ihm die Subjektivität, die Einmaligkeit und die Privatheit von Erfahrungen verbunden. Zweitens gehört zum Selbstgefühl immer die persönliche Perspektivität. Beide Kriterien sind durch wissenschaftliche oder philosophische Ansätze, die um die Formulierung objektiv nachprüfbarer und allgemein verwertbarer Aussagen bemüht sind, schwer zu erfassen. Die Privatheit von Gefühlen oder ästhetischen Erfahrungen wird deshalb oft abgestritten oder als unwichtig erachtet. Im Bemühen, das typisch Menschliche zu beobachten und zu beschreiben, verlieren Wissenschaft und Philosophie den konkreten Menschen aus dem Blick.

Für das Selbstgefühl jedes Menschen gibt es neben den biologisch bedingten auch auf den soziokulturellen Kontext bezogene, verallgemeinerbare Einflussgrößen. Dies sind alterstypische Entwicklungsphasen, Krankheit, Partnerwahl, soziale Anerkennung usw., die im persönlichen Erleben gefühlsmäßig verarbeitet werden müssen. Psychotherapeutische Ansätze können hierfür insbesondere in zwischenmenschlichen Problemsituationen einen unterstützenden Rahmen bieten. Die Reflexion des Selbstgefühls ist jedoch nicht nur eine Komponente der Problembewältigung, sondern gehört zu einer bewussten Lebensführung und kann auch alltägliche Situationen zum Anlass nehmen. Durch Veränderungen und Wechselwirkungen der Beziehung zum eigenen Selbstkonzept, zum Körper, zu anderen Menschen und zur Lebensumgebung wandelt sich das Selbstgefühl ständig. Die Qualität des Selbstseins begleitet mehr oder weniger intensiv jede innerliche Reflexion. Sie ist aber nur schwer für andere oder im eigenen Denken in Worte zu fassen oder durch nonverbale ästhetische Mittel auszudrücken. Wenn es nicht gelingt, sich wenigstens ab und zu bewusst dem Fühlen der Empfindungsqualität des eigenen Selbst hinzugeben, entstehen innere Leere, Selbstentfremdung und Langeweile. Das Leben scheint sinnlos dahin zu gleiten (vgl. Hülsemann, 1996).

Mit Thomas Metzinger ist bezüglich der Frage nach der Bedeutung von Selbstgefühlen, die den Zustand des inneren Selbst reflektieren, deren bestehender Gewissheitscharakter und deren fehlender Wissenscharakter festzustellen (vgl. Metzinger, 1993 u. 1996). Von Selbstgefühlen als qualitative Selbstreflexion ist kein verwertbares Wissen abzuleiten, nur das sichere Gefühl, ein handelndes, verantwortliches Selbst zu sein. Wenn diese empathive Qualität der Selbstgewissheit fehlt, wird ein Mensch unsicher in seinen Gefühlen, der Verantwortung für sein Verhalten zu anderen Menschen und zu seiner Umwelt. Deshalb ist es sinnvoll, die evokative Aktualität von Design als Anregung für das Zustandekommen von bewussten Selbstgefühlen einzusetzen.

Beispiel für die evokative Aktualität von Design

Im Strafvollzug, beim Militär, im Kloster oder in Sekten benutzen Maßnahmen zur Störung des Selbstgefühls wie strenge Vorschriften für Frisur und Kleidung, strikte Zeiteinteilung, Reduktion persönlicher Utensilien, knapper Lebensraum, Beschneidung von Kommunikations- und Aktivitätsmöglichkeiten, Überforderung des Leistungsvermögens usw., stehen Möglichkeiten zur Förderung eines positiv erlebbaren, bewussten Selbstgefühls entgegen. Körperliches und geistiges Tätigsein und Wohlbefinden, individuell angepasste Kleidung, Möbel und Wohnräume, flexible Arbeitszeiten, Achtung vor der individuellen Lebensgeschichte usw., wären dann Richtlinien für die evokative Aktualität von Design im Alltag.

In einer demokratischen Kultur, die verschiedene Lebensweisen und Selbstgefühle toleriert und in der die Menschen selbstbewusst die Freiräume zur Lebensgestaltung nutzen wollen, können sich Designer nur selten auf ein elementares, aus dem vereinheitlichenden Ansatz der Anthropologie abgeleiteten gestalterisches Repertoire beziehen, indem sie sich zum Beispiel auf die »wesenhafte« Gefühle evozierende Kraft einer Farbe, einer Form oder eines Materials berufen. Das heißt nicht, dass es unnötig oder unmöglich wäre ein Repertoire ästhetischer Mittel anzulegen, doch eine allzu schablonenhafte Anwendung von Zuordnungen zwischen Gestaltungsmitteln und Gefühlen, wie runde Formen und Erotik oder Kindchenschema, lässt die Erforschung ästhetischer Mittel im Design stagnieren.

Wenn die Erlebnisvielfalt und der das Selbstgefühl stärkende Gewissheitscharakter von Sinneswahrnehmungen akzeptiert wird, sind wissenschaftliche Forschungen zu Farben, Oberflächen, Haptik, Duft- und Geschmacksstoffen, Geräuschen usw., die meist von Herstellerfirmen oder naturwissenschaftlichen Hochschulinstituten betrieben werden, stärker in das disziplinäre Wissen einzubeziehen und durch Forschungen zur Wirkung von Formen, Materialien, Proportionen usw. zu ergänzen. Obwohl diesbezüglich häufig beispielsweise von Duft- oder Sound-Design die Rede ist, sind nur wenige Designer in solche Forschungen mit einbezogen. Hier wäre eine stärkere Kooperation bereits in der Ausbildung anzustreben, denn die Computertechnik erleichtert es, nuancenreiche Effekte bei Gestaltungsmitteln zu erzielen, die der sinnlichen Fülle und Vielfalt von Naturerscheinungen und menschlicher Erlebnisfähigkeit entsprechen und dadurch gezielter auf individuelle Wünsche einzugehen.

Selbstreflexion > Zum Hauptkriterium der »reflektierten Sinnlichkeit« bezüglich der perzeptiven Qualität

Wenn die Erfahrung als perzeptive Qualität bewertet wird, ist das bewusste Selbst in seiner Gegebenheitsweise Thema ohne jegliche Interpretation oder Wertung des seelischen Zustands. Unter diesem Blickwinkel ist das Selbst aber allein durch das Bewusstsein von sinnlichem Reizmaterial gegeben. Das Hauptkriterium der reflektierten Sinnlichkeit bewertet daher ausschließlich das reflektierende, vergnügliche Spiel mit dem die bewusste Selbsterfahrung konstituierenden, präsenten Sinnesmaterial. Fragen der Art, welche Bedeutung diese Sinnesreize haben, ob sie von natürlichen oder künstlichen, von kostbaren oder banalen Objekten ausgehen oder welche Gefühle, wie der Wunsch, ein Objekt zu besitzen, oder eine angenehme Empfindung sie sonst hervorrufen, bleiben ausgeklammert. Dadurch unterscheidet sich die reflektierte Sinnlichkeit vom ungebremsten, lustvollen Genuss Durch die distanzierte, subjektive Reflexion des ästhetischen Reizmaterials kann dieses in seinem Sosein bestehen bleiben.

»Indem nämlich das Subjekt im Geschmacksurteil sich scheinbar nur auf sich selbst konzentriert und ganz vom Gegenstand absieht, ihn weder dem Begriff noch dem Begehren unterwirft, verzichtet es darauf, sich den Gegenstand zu eigen zu machen und lässt ihm gerade dadurch zum ersten Mal die Möglichkeit in seinem Selbstsein, seiner besonderen und irreduziblen Wirklichkeit, die sich wie die praktische Vernunft selbst ihr Gesetz zu geben scheint, hervorzutreten.« (Hauskeller, 1994, S. 218)

Die Konzentration auf den ästhetischen Eigenwert wird in der Ästhetik anstelle von Sinnlichkeit auch mit Kontemplation bezeichnet. Meist steht Kontemplation für die anschauende Versenkung, mit dem Ziel, dem Wahrhaftigen, Göttlichen, näher zu sein. So auch in der Konzeption von Plotin, der die Kontemplation als höchste Stufe ästhetischer Erfahrung deutet. Diese Assoziation zum Sakralen bricht Martin Seel auf, indem er mit Kontemplation ganz profan einen, von anderen wichtigen Aspekten des Ästhetischen benennt. Seel definiert die ästhetische Erfahrung unter dem kontemplativen Aspekt durch die Scheidung der Sinne vom Sinn. Er belegt exemplarisch, dass sie sich besonders gut mittels der Anschauung von Natürlichem entwickelt (vgl. Seel, 1996).

Wie schwierig es ist, künstlerische Objekte zu gestalten, die zur gezielten, rein kontemplativen Rezeption führen, zeigen Werke, die der konkreten Kunst zuzurechnen sind wie Arbeiten von Josef Albers u. a. Diese Werke dienen weder einem praktischen Zweck noch sprechen sie das Gefühl oder psychologische Deutungen an, und doch entwickelt sich die kontemplative Rezeption, das reine Spiel der Sinnlichkeit, nur eingeschränkt. Mit ein Grund hierfür ist die Reduktion auf elementare Gestaltungsmittel und geometrische Anordnungen. Kant bemerkt hierzu:

»Alles Steif-Regelmäßige (was der mathematischen Regelmäßigkeit nahe kommt) hat das Geschmackswidrige an sich: dass es keine lange Unterhaltung mit der Betrachtung desselben gewährt, sondern, sofern es nicht ausdrücklich die Erkenntnis oder einen bestimmten praktischen Zweck zur Absicht hat, lange Weile macht.« (Kant, 1979, S. 163)

Es ist schwer, auf ein Minimum an Gestaltungsmitteln reduzierte und konzentrierte Objekte in ihrem reinen Eigenwert, dem syntaktischen Sosein, der reflektiven Sinnlichkeit zu entfalten, ohne an der Reflexion elementarer Bedingungen der Wahrnehmung wie dem Vergleich der Organisation der Gestaltelemente mit Gestaltgesetzen oder der Beziehung des Werks mit seinem räumlichen Kontext haften zu bleiben oder die ästhetische Reflexion zu verlassen und in die intellektuelle Reflexion, die rein theoretische Kontemplation, überzugleiten. Sinnliche Kontemplation oder reflektierte Sinnlichkeit kombiniert isolierte Reize spielerisch miteinander und ist als Dynamik vom Vielgliedrigen, Ungeordneten zum Einfachen, Harmonischen oder umgekehrt entwickelbar.

Die Ausrichtung von Design auf die formative Aktualität sollte eine Balance zwischen Sinnlichkeit und Reflexion herstellen, um nicht durch zu hohe Ordnung jede Sinnlichkeit auszuschalten oder umgekehrt durch zu viele ästhetische Reize die Reflektierbarkeit nicht lahmzulegen.

Beispiel für die formative Aktualität von Design

Der städtische Raum sollte weder zu steril gestaltet sein, noch einer chaotischen Eigendynamik überlassen werden. Plakatierungen sind eine Möglichkeit, Farbflecken zu arrangieren, welche die Sinne anregen. Das großflächige Rot eines Plakats korrespondiert mit der groben Struktur eines Stahlträgers, vorbeigehende Menschen erzeugen mit ihrer farbigen Kleidung wechselnde Kompositionen. Auch typografische Zeichen werden im Vorübergehen nicht immer gelesen, sondern einfach als anregende Strukturen wahrgenommen, die in architektonischen Elementen formal wieder auftauchen. Zufällige, zusammenhanglose Geräusche wie vorbei brausende Autos, ein ferner Presselufthammer, das Gespräch von Passanten oder das Rauschen der Wasserleitungen organisieren sich im Bewusstsein zu einer Melodie. Es kann auch zu einer Vermischung von den Reizen kommen, die momentan wahrgenommen werden, und solchen, die aus der Erinnerung auftauchen.

Oft ist es auf Reisen in fremden Städten faszinierend, nur die Geräuschkulisse aufzunehmen. Akustische Reize, die in der bekannten Umgebung gar nicht mehr gehört oder unmittelbar der bekannten Bedeutung zugeordnet werden, gewinnen durch ihre Fremdartigkeit eine neue, bewusst erfahrbare Sinnesqualität. Von daher erklärt sich der Erfolg von Musikstücken von Ethno-Pop bis zu Gregorianischem Gesang, die ohne Bezug auf ihre Entstehungsgeschichte oder religiöse Überzeugungen, also ungeachtet ihres Inhalts, als formative Kompositionen produziert und rezipiert werden.

Im Restaurant geht es oft weniger um die Nahrungsaufnahme als vielmehr um das Vergnügen am Schmecken und Riechen der verschiedenen Speisen und Getränke. Viele Nahrungsmittel werden nicht deshalb gegessen oder getrunken, weil sie besonders angenehm schmecken, sondern weil sie einen speziellen Geschmack oder Geruch haben, der die gustatorische und olfaktorische Sinnlichkeit bereichert.

Die Unterscheidung zwischen dem gierig schlemmenden Gourmand und dem genussvoll speisenden Gourmet eignet sich dazu, die Nähe der selbstzweckhaften ästhetischen Einstellung zu Dekadenz und Egoismus aufzuzeigen. Die der perzeptiven Qualität entsprechende Selbstreflexion unter dem Hauptkriterium der reflektierten Sinnlichkeit kann auch als einzige Art des Selbstbezugs kultiviert werden. Diese Reduktion des Selbstkonzepts vollziehen wenige Menschen mit. Deshalb eignet sie sich als Mittel zur sozialen Abgrenzung. Es kommt vor, dass die Reduktion zur Basis einer gesamten Lebensanschauung wird, wobei offen bleiben kann, ob deren Verkünder sie nur nach außen zur Schau stellt oder von ihr überzeugt ist. Dann entsteht der Typ des elitär und weltfremd wirkenden Ästheten, der seine auf die reflektierte Sinnlichkeit reduzierte Weltsicht als einzig richtige kultiviert.

Zum Kriterium der »Direktheit« bezüglich der somatischen Tendenz

Während einer Sightseeing-Tour in einer fremden Stadt ergreifen Touristen häufig unmittelbar jede Gelegenheit, die sich zum kurzfristigen Hinsetzen und Ausruhen des Körpers bietet. Darüber, ob sich ein Geländer, ein Stein, eine Treppe, ein Brunnenrand usw. zum bequemen Sitzen eignet, wird nicht lange kognitioniert. Die Anknüpfung scheint direkt möglich zu sein. Aufgrund solcher Beobachtungen entwickelte James J. Gibson eine Theorie der »direkten Wahrnehmung«, die er in seinem Hauptwerk »Die Wahrnehmung der visuellen Welt«, 1973, darlegte. Wie die konstuktivistische Wahrnehmungstheorie lehnt auch Gibson Repräsentationsmodelle, von denen die Kognitivisten ausgehen, ab. Seine Begründung hierfür basiert allerdings konträr zur Annahme der Konstruktivisten, dass Wirklichkeit eine vom menschlichen Organismus abhängige Konstruktion ist, auf der These, der Organismus sei im Lauf der Evolution für die unmittelbare Aufnahme von Informationen aus der Umwelt optimiert worden. Dieser Ansatz wurde für die vorliegende Untersuchung bereits verworfen (vgl. Kapitel 1.3).

Interessant bleibt die Beobachtung Gibsons, dass Menschen hinsichtlich der somatischen Tendenz mit großer Direktheit Anschluss zu dem vorgefundenen Reizmaterial herstellen können. Gibson beschreibt dies mit dem Begriff der Affordanz, des Aufforderungscharakters eines Objekts. Zum Werfen werden Dinge genommen, die greifbar sind, zum Anlehnen werden Dinge gesucht, die stabil sind, zum Streicheln werden Dinge berührt, die haptisch reizvoll sind usw. Durch diese Beobachtungen erlangte Gibsons Ansatz in der Designtheorie Bedeutung, denn er stellt die Wichtigkeit der speziellen Beschaffenheit, des Designs von Dingen heraus. Was heißt es aber zu sagen, dass ein Stuhl zum Sitzen, ein Türgriff zum Greifen, ein roter Knopf zum Drücken, eine Treppe zum Hinaufgehen usw. je besser auffordert, desto direkter sein Design wahrnehmbar ist? Design wird dann über eine instruktive Funktion definiert, die dazu beiträgt, das selbstbestimmte Verhalten eines Individuums ähnlich dem Reiz-Reaktions-Ansatz auszuklammern oder abzuwerten.

Trotz dieser Kritik an der designtheoretischen Adaption von Gibsons Ansatz, ist Direktheit als eine Art unmittelbarer Anschließbarkeit in der Interaktion mit Objekten der Umwelt bezüglich der somatischen Tendenz ein wichtiges Kriterum für das sensitive Potential von Design. Dies gilt insbesondere in Situationen, die schnelles Handeln erfordern und hinsichtlich allen Tätigkeiten, welche vom einzelnen nur selten ausgeübt werden und für die deshalb keine körperliche Routine vorausgesetzt werden kann. Die Art und Weise des entsprechenden sensitiven Potentials ist durch möglichst eindeutig interpretierbare, direkte Aktivierungsmöglichkeiten zu charakterisieren, um zu betonen, dass letztlich das Individuum handelnder Akteur bleibt und nicht durch den Begriff des Aufforderungscharakters.

Beispiel für das sensitive Potential von Design

Auto oder einem Feuerlöscher sollte möglichst direkt erfassbar und ausführbar sein. Durch dem sensitiven Potential von Design entsprechende Gestaltung der Bedienelemente, seien dies Druckknöpfe, Haltegriffe oder Dosenverschlüsse, muss eine möglichst unmittelbare kognitive Anschließbarkeit und eine problemlose Handhabung erreicht werden. Bewegliche Teile müssen als solche zu erkennen sein. Die Art der Bedienung wie Drücken oder Ziehen sowie eine Vorstellung des Kraftaufwands sollte direkt in das Agieren einfließen können. Manchmal ist es dagegen notwendig, die Direktheit als Kriterium des Subprozesses der Anknüpfung zu erschweren, bzw. Aktivierungsmöglichkeiten zu verstecken wie bei der Gestaltung von Schutzeinrichtungen ­ Drehverschlüsse, Steckdosenabdeckungen, TV-Sicherungen ­ für Kinder.