Zum Kriterium der »Neugierigkeit« bezüglich der explorativen Tendenz

Von der explorativen Tendenz beeinflusste Aktivitäten sind vom Gefühl der Neugier und des Erlebnishungers begleitet. Die emotionale Erstbewertung entsteht unter der Erwartung, dass die Interaktion mit dem vorgefundenen Reizangebot spannend ist und die Neugier aufrecht hält. Mit der Neugierigkeit gegenüber einem Reizangebot ist nicht zwangsläufig dessen absolute Neuheit verknüpft. Beispielsweise können viele Spiele, deren Regeln bekannt sind und die schon oft gespielt wurden, im Moment des Spielens immer wieder neugierig auf den nächsten Spielzug machen und sehr spannend sein. Beim regelgeleiteten Spielen ergänzen sich die Kriterien der Geordnetheit und Neugier sehr gut. Durch die Stimulanz von Neugier und Spannung beschäftigt sich die explorative Tendenz länger mit einem Reizangebot. Diesen Effekt nutzen beispielsweise Spiele-Designer aus und Fernsehsender bemühen sich darum, vor einem Werbeblock oder nach dem Ende einer Sendung nochmals einen Neugierschub zu erzeugen, um den Zuschauer an ihren Sender zu binden. Das impulsive Potential sollte eine emotional aufgeschlossene Neugierphase nicht zur irreführenden Überlistung missbrauchen, sondern sie im Erziehungsprozess als Vehikel durch didaktische Interessensunterstützung nutzen.

Beispiel für das impulsive Potential von Design

Die Neugier von Kindern, die voller Freude über jede Entdeckung die Welt erkunden, sollte nicht ständig durch vordergründig kindgerechte Reize, wie Buntes, Süßes, Niedliches usw. in Kombination mit simplen kognitiven Anschlussmöglichkeiten gefesselt und von der Erforschung der sogenannten Erwachsenenwelt abgehalten werden. Vielmehr sollte das impulsive Potential, welches das emotionale neugierige Interesse der Kinder beispielsweise zu den beruflichen Tätigkeitsfeldern ihrer Eltern, dem Alltagswissen oder der Lebensumgebung fördert, aktiv unterstützt werden. Die Kinderserie »Die Sendung mit der Maus« liefert hierfür positives Anschauungsmaterial.

Wenn der Autor Robert Bly in seinem 1998 erschienen, gleichnamigen Buch »die kindliche Gesellschaft« diagnostiziert und den Mangel an verantwortlicher Ernsthaftigkeit beklagt, so ist zu fragen, ob sich viele Menschen nicht deshalb in eine verlängerte Pubertät flüchten, weil sich die tradierte Erwachsenenwelt auch in weniger ernsten Bereichen vor einer Bestätigung emotionaler Aspekte der explorativen Tendenz verschließt. Noch bevor sich das Kriterium der Neugierigkeit aufgrund des Spaßes während der Beschäftigung mit einem Wissensbereich entwickeln kann, wird diese Art emotionaler Zuneigung durch Barrieren wie Prüfungen oder die Forderung nach umfassender Einarbeitung in Grundlagenwissen abgetötet, ohne garantieren zu können, dass dieses Austrocknen des neugierigen Engagements durch einen sicheren Platz in der Erwachsenenwelt belohnt wird.

Die Faszination beim Erkunden des Internets liegt dagegen darin, dass der Neugierde freier Lauf gelassen werden kann. Emotionales und Kognitives werden hier beim Entfalten der explorativen Tendenz verbunden. Initiativen zur Wissensvermittlung wie das Comenius-Programm für Schulen und andere Angebote im Netz geben Impulse und regen zum neugierigen Weiterforschen an.