Zum Kriterium der »Spontaneität« bezüglich der explorativen Tendenz

Die Bereitschaft zur explorativen Tendenz, konkretisiert sich in einer Haltung der Offenheit und Spontaneität bezüglich Reizen, die in der äußeren Wirklichkeit lokalisiert werden. Mit der offenen Haltung wird häufig Neues entdeckt und viele gleichzeitig stattfindende Reizereignisse werden gemeinsam registriert. Dadurch entstehen neuronale Verknüpfungen, die später zu kreativen Assoziationen beitragen können. Bei Kindern und Jugendlichen ist die offene Spontaneität häufig zu finden, wenn sie sich noch keine skeptische Vorsicht als Schutz vor Enttäuschungen angewöhnt haben.

Spontaneität äußert sich in impulsivem Verhalten, das Kinder und Jugendliche noch weniger steuern können als Erwachsene. Spontan gehen sie auf Reizangebote, die sich ihnen bieten zu. Das Kind läuft mitten durch die Pfütze, staunt über den Stab mit Zuckerwatte, steckt den Schnee in den Mund, reißt im Supermarkt an den bunten Verpackungen, lächelt fremden Menschen im Bus zu usw. Jugendliche, bei denen die explorative Tendenz der Spontaneität durchschlägt, erkunden aktiv ihre Umwelt. Sie setzen sich dabei oft unbeabsichtigt über konventionelle Grenzen hinweg und finden ihre eigenen Grenzen. Sie probieren, einen Lichtmast zu erklettern, mit dem Bike eine Treppe hinunterfahren, auf der Autobahnbrücke den Fahrenden zuwinken usw. Die Erhaltung von Offenheit und Spontaneität in der Begegnung mit der Außenwelt, der Natur, den Medien und den anderen Menschen ist eine wichtige Voraussetzung für die Fähigkeit, ethisches Bewusstsein und produktiven Gestaltungswillen zu entwickeln und sollte deshalb durch Design, das Gelegenheiten für spontanes, exploratives Verhalten schafft und zu weiteren Initiativen anregt, gefördert werden.

Beispiel für das impulsive Potential von Design

Die baulichen Konzepte von Schulen sollten in Hinsicht der Schaffung von Möglichkeiten zum Ausleben von Spontaneität neu überdacht werden. Es sollten Möglichkeiten für Begegnungen von Schülern verschiedener Klassen oder Schulrichtungen bestehen. Die Schüler sollten spontan, auch nachmittags nicht nur den Schulhof, sondern auch Sportgeräte oder Computer nutzen zu können oder sich zum gemeinsamen Lernen im Klassenraum zu treffen können.

Wie wichtig für viele Menschen das Gefühl spontan handeln zu können ist, auch wenn sie es nicht jederzeit einlösen, zeigt die ungebrochene Beliebtheit des Autos, das immer bereit steht. Außerhalb der Ballungsgebiete sind öffentliche Verkehrsmittel wegen ungünstigen Fahrzeiten oder zu großer Kapazität oft nicht ausgelastet. Hier müssten neue Konzepte, die im Ansatz bereits als Studien vorliegen (vgl. Vester, 1988) den flexibleren Einsatz kleinerer Fahrgastzellen und dem aktuellen Bedarf entsprechender Fahrplanzeiten ermöglichen.