Zum Kriterium der »Begierigkeit« bezüglich der somatischen Tendenz

Der Organismus wird aus einer Kombination von genetischen und erlernten Programmen gesteuert. Untersuchungen belegen, dass dem Menschen durch die Gene eine Abneigung vor blau aussehenden Nahrungsmitteln mitgegeben ist. Das Ekelgefühl gegenüber bestimmten Gerüchen von Essbarem kann aber auch in negativen subjektiven Erfahrungen gründen. Wenn beispielsweise nach dem Verzehr einer Speise Übelkeit auftrat, erinnert sich der Körper später wieder an dieses Ereignis und reagiert ablehnend auf Geruch, Geschmack oder Farbe ähnlicher Speisen. Solche Gewohnheiten entwickeln sich ebenso gegenüber positiven Körpererfahrungen und den mit ihnen verbundenen sinnlichen Reizen und sind die Basis für das Zustandekommen von Begierde bezüglich dem Subprozess der Zuneigung in Relation zur somatischen Tendenz. Die intuitive emotionale Bewertung der Reizangebote aufgrund dieser gewachsenen Erfahrungen muss nicht unbedingt mit den tatsächlichen Wirkungen auf den Organismus konform gehen und die Begierigkeit kann auch ohne konkrete Begegnung mit einem äußeren Reiz, allein durch die subliminal erzeugte innere Vorstellung einsetzen. Das Kriterium der Begierigkeit beinhaltet bereits eine differenzierte emotionale Erstbewertung. Das heißt, in diesem Zusammenhang ist mit Durst nicht die allgemeine Vorstellung von irgendeinem Getränk verknüpft, sondern eine bestimmte Weinsorte und ein spezielles Trinkgefühl.

Mittels dem sensitiven Potential von Design sind Reizangebote entsprechend dieser emotionalen, körperlichen Begierigkeit zu gestalten. Zudem sind durch speziell gestaltete Angebote neue Vorlieben erzeugbar.

Beispiel für das sensitive Potential von Design

Die Glasfirma Riedel ist bekannt für die besonders sensible, auf die Geschmacks- und Geruchsentfaltung von Getränken abgestimmte Gestaltung von Trinkglasserien. Solche Gläsern vermitteln ein spezielles Trinkgefühl. Die Begierigkeit als Kriterium für die körperliche Zuneigung zu einem Getränk weitet sich dann sogar auf die Verwendung eines bestimmten Glastyps aus. Passionierte Pfeifenraucher stellen sich, wenn der Gedanke an das Rauchen aufkommt, eine bestimmte Pfeife und den passenden Tabak vor. Appetit richtet sich auf ganz bestimmte Speisen, deren gleichmäßige Zubereitung beim Restaurantbesuch erwartet wird.

Lebensmittelhersteller setzen das sensitive Potential von Design zum Beispiel ein, indem sie nach umfassenden Marktforschungstudien Geschmacksnuancen konzipieren, um ihr Produktsortiment zu erweitern und neue Käufer zu gewinnen. So bietet die Firma Dr. Oetker Kuchenfertigmischungen an, die einen Geschmack wie bei Oma garantieren oder Knorr geht mit den Produkten zur internationalen Küche auf die Geschmackserlebnisse im Urlaub ein und sogar ein relativ neutrales Produkt wie Speiseöl wird durch Zugabe von Basilikumaroma charakterisiert.

Auch bei Autoherstellern spielt das sensitive Potential von Design in Form der Konzeption eines typischen, wieder erkennbaren, vom ganzen Körper spürbaren Fahrgefühls, das zur Unterstützung der Produktbindung beiträgt, eine Rolle. Zu diesem Fahrgefühl gehört der berühmte, satte Klang der zuschlagenden Tür bei Mercedes ebenso wie die harte Federung eines Geländefahrzeugs oder die unbequemen Sitze eines Sportwagens. Ein Käufer, der auf das körperliche Fahrgefühl Wert legt, wird den gleichen Autotyp nur dann nochmals erwerben, wenn auch die Modellvariante seine zuvor entwickelte Begierigkeit intuitiv stimuliert.