Wertbestimmung > Zum Kriterium der »Vielfältigkeit« bezüglich der polyvalenten Struktur

Im Vergleich zur integrativen Struktur, in der ein implizites Verständnis des Wertungsprinzips der Ganzheitlichkeit angestrebt wird oder zur hierarchischen Struktur, hinsichtlich der die Niveaudifferenz an einer expliziten Zielvorgabe gemessen wird, entwickelt sich das Wertungsprinzip der Vielfältigkeit in der polyvalenten Struktur durch mehrere, meist explizite und verschiedenartige Kommunikationsprozesse zu einer Thematik. Dadurch führt die Orientierung an der polyvalenten Struktur die sozialen Akteure nicht dazu nach der einen, besten Lösung eines Problems zu suchen. Es werden viele kommunikative Wertungsprozesse relational zu unterschiedlichen Bezügen initiiert, die verschiedenartige gute Ergebnisse anstreben.

Vielfältigkeit als ästhetisches Kriterium bezüglich der kommunikativen Dimension der ästhetischen Erfahrung wirkt sich dahingehend aus, dass erstens die Fähigkeit zur ironischen Distanz wichtig wird, die beispielsweise hinsichtlich dem Kriterium der Ganzheitlichkeit eher negativ wirken würde. Zweitens ist flexibles Denken gefordert und drittens die Kompetenz zur adäquaten Definition einer dem speziellen Fall entsprechenden Richtgröße.

Das partizipative Potential von Design kann dem ästhetischen Kriterium der Vielfältigkeit zum Beispiel durch das Angebot von unterschiedlichen, je spezielle Vorteile bietenden Entwurfsvarianten zu einer Thematik entgegenkommen.

Beispiel für das partizipative Potential von Design

Die Befürwortung des Privatfernsehens zu Beginn der achtziger Jahre war großteils dadurch motiviert, ein vielfältiges Angebot zu erzeugen und das Meinungsmonopol der staatlichen Sender zu brechen. Nachrichten sollten unterschiedlich kommentiert werden, um diesbezüglich das Entstehen vielfältiger Kommunikationsprozesse zu fördern. Ob dieser Anspruch jemals mit der wünschenswerten Qualität eingelöst wird, ist fraglich. Trotzdem setzen die Sender in ihrer Berichterstattung zum gleichen Ereignis verschiedene Schwerpunkte und regen dadurch nicht nur zur passiven Rezeption, sondern auch zur kritischen Diskussion im Kreise der Zuschauer an. Dass durch die Quantität der Medien und ihre gegenseitige Bezugnahme oft belanglose Themen aufgebauscht werden, kann nicht den Effekt verdecken, dass dieser Mechanismus auch hinsichtlich wichtiger Themen die Möglichkeit öffnet, diese für zielgruppengerecht aufzubereiten und unter verschiedensten Aspekten zu behandeln.

Dem Kriterium der Vielfältigkeit entspricht auch die Adaption und neue Interpretation von altbekannten Opern, Theaterstücken oder Literaturvorlagen für Drehbücher. Diese gewinnen durch neue Interpretationen ein größeres Publikum. Durch Kontroversen um die vielfältigen Auslegungen kann zudem Konfliktfähigkeit eingeübt werden.