Wandlung > Zum Kriterium der »Flexibilität« bezüglich der polyvalenten Struktur

Hinsichtlich der polyvalenten Struktur können sich ausgehend von dem gleichen Problem mehrere Lösungsprozesse mit verschiedenen Auswirkungen entwickeln. Das Auffinden einer zeitlos richtigen Lösung wird dabei nicht erwartet. Vielmehr stehen die verschiedenen Einzelprozesse in ständiger Interdependenz zueinander. Dadurch entstehen Prozesse, die sich wechselweise, schneller oder langsamer beeinflussen und die prinzipielle Wandlung sowie die Flexibilität hinsichtlich weiterer Entwicklungsziele der polyvalenten Struktur begründen.

Die mit der Orientierung an der polyvalenten Struktur verbundene Erfahrung beinhaltet die ständige Bereitschaft zur bewussten Erprobung von verändernden Einflussgrößen. Sie erfordert geistige und praktische Flexibilität von den sozialen Akteuren und nicht das fatalistische Akzeptieren oder das steuernde Absichern gegenüber Wandlungen. Die Erfahrung und Fähigkeit zur Flexibilität werden besser durch breit gefächerte Wissensbildung oder spielerische Sportarten, als durch selektiv optimiertes Wissen oder gerätespezifische Kondition ausgebildet.

Die Wandlung von Konventionen der polyvalenten Struktur und die das mit ihr verbundene Kriterium der Flexibilität bezüglich der Erfahrung spricht besonders das Lebensgefühl oder die ästhetische Erfahrung junger und jung gebliebener Menschen an, die sich nicht auf die festgelegte hierarchische Struktur einlassen wollen und sich nicht fatalistisch der integrativen Struktur überlassen können. Während diese Flexibilität in der hierarchischen Struktur ein Störfaktor wäre, bietet die polyvalente Struktur eine positive Auseinandersetzung mit der flexiblen Suche nach alternativen Entwicklungszielen. Das ästhetische Kriterium der Flexibilität kann auch zu kommunikativem Verhalten motivieren, weil es den sozialen Akteuren Gelegenheit gibt, ihre kommunikative Erfahrungsdimension in verschiedene Richtungen zu testen.

Das partizipative Potential von Design wächst von unten aus Initiativen von Einzelpersonen, Interessengruppierungen oder Subkulturen, die in ihren Lebensbereichen etwas verändern wollen, im Gegensatz zu dem von Fachleuten von oben installierten, instruierenden, distinktiven Potential von Design. Dieser Flexibilität als Kriterium der kommunikativen Dimension ästhetischer Erfahrung kann das partizipative Potential von Design durch die Möglichkeit, Veränderungen an einem Produkt vornehmen zu können oder durch das Angebot völlig neuer Produktkonzepte entsprechen.

Beispiel für das partizipative Potential von Design

Viele Möbel von Ikea eignen sich als Beispiel für das partizipative Potential von Design, denn sie können leicht auf- oder abgebaut, mit Farbe oder wenigen Zusatzteilen optisch oder funktional in Relation zu den spezifischen Wünschen oder der flexiblen Lebensweise der Nutzer verändert werden. Sie erleichterten ein an dem ästhetischen Kriterium der Flexibilität orientiertes Verhalten. Auch die wechselhaften ästhetischen Angebote der Mode sind dem partizipativen Potential zuzurechnen, wenn sie nicht als Modediktat nur befolgt, sondern mit eigenen Zutaten vermischt werden und als flexible kommunikative Zeichen innerhalb des sozialen Miteinanders fungieren.

Aber auch in professionellen Handlungsbereichen, die häufig eine hierarchisches Organisationsstruktur aufweisen wie Wissenschaft, Forschung, Sport, Theater usw. kann das Kriterium der Flexibilität ein erstarrtes System aufbrechen, neue Impulse setzen und Entwicklungen ermöglichen. Bewährte Methoden werden testweise modifiziert, alte Deutungen uminterpretiert usw. Beispielsweise präsentieren Studenten der HBK Saarbrücken ihre Projekte nicht in etablierten Galerien, sondern auch mal mitten in der Stadt und provozieren dadurch die Passanten dazu, flexible Kommunikationsprozesse zu beginnen. Der Eventkünstler Christoph Schlingensief stört durch seine Projekte den erwartungsgemäßen Ablauf von traditionellen Ereignissen indem er zusätzliche Kommunikationsprozesse inszeniert, Menschen zum Mitmachen auffordert und somit flexible Wege aufzeigt.