Belohnung > Zum Kriterium des »Verständnisgegebenheit« bezüglich der integrativen Struktur

Im Hinblick auf die Orientierung an der integrativen Struktur findet der Einzelne jederzeit Verständnis und kann sich in der Gemeinschaft aller an einem sozialen System Beteiligter geborgen fühlen. Am ehesten ist dies im Bezug zur sozialen Wirklichkeit innerhalb der Familie oder dem engen Freundeskreis der Fall. Ein Interessenskonflikt zwischen dem Individuum und dem sozialen System wird nicht registriert. Daher leidet das Individuum nicht unter seiner Abhängigkeit von der Gemeinschaft. Die Einschätzung der individuellen Position erfolgt deshalb nicht im Vergleich mit höheren, besseren oder weiterentwickelten Positionen, sondern in direkter Bezugnahme auf das Gefühl der Zusammengehörigkeit, das Verständnis, den Konsens, die verbindende Ganzheitlichkeit als Wertungsprinzip. Eine Sehnsucht nach Verständnis füreinander und die Empfindung dessen Mangels in der heute vorherrschenden Gesellschaftsorganisation drücken die Statements der anlässlich der 12. Shell-Jugendstudie befragten Jugendlichen aus (vgl. Jugendwerk der Deutschen Shell, 1997). Das Kriterium der Verständnisgegebenheit als positiv empfundene Bedingung für die Erfahrung mit dem Schwerpunkt der kommunikativen Dimension und der integrativen Struktur ist ein wichtiger Anreiz zum Engagement bezüglich einem sozialen System.

Da die heutige soziale Lebenskomplexität nicht mehr durch ein einziges, die gesamte Gesellschaft umschließendes System mit integrativer Struktur zu erfassen ist, filtern sich verschiedene soziale Systeme aus, die jeweils ihr internes, selbstverständliches, mit einem blinden Fleck belegtes und daher unsichtbares, kollektives Potential pflegen. Deshalb bestehen heute mehrere, durch ästhetische Gewohnheiten Gemeinsamkeit kultivierende und Verständnis für die Beteiligten ausdrückende soziale Systeme mit integrativer Struktur nebeneinander. Diese konkurrieren nicht automatisch, denn jede Gruppierung belegt ihre soziale Nische. Beispielsweise engagieren sich die Menschen nicht mehr ausschließlich in der offiziellen Amtskirche, sondern in Sekten oder Vereinen mit sozialem Engagement, um genau das Verständnis zu finden und weiterzuverbreiten, das sie anspricht.

Der Konsens im ästhetischen Empfinden ist wichtiger als die Erfüllung individueller Vorlieben oder die repräsentative Aufwertung der eigenen Person. Naturgegebene Besonderheiten wie körperliche Merkmale oder Behinderungen werden hingenommen aber ansonsten ist Auffallen verpönt. Deshalb werden Designgegenstände, welche die Integration der Person in ihrem sozialen Umfeld verstärken und ihrem Gemeinsinn Ausdruck geben, ausgewählt und ungewöhnliche Objekte, die eine Besonderheit offenlegen könnten, gemieden. Dementsprechend kann das Kriterium der Verständnisgegebenheit als attraktive Belohnung im Teilprozess der Partizipation bezüglich einem sozialen System mit integrativer Struktur durch das kollektive Potential von Design gefördert werden.

Beispiel für das kollektive Potential von Design

Im Modebereich gibt es bei fast jeder Firma eine Produktkategorie, welche die Basisprodukte wie Sweat-Shirt, Hose, Bluse und Jacke abdeckt. Diese Kleidung passt im Prinzip immer, weil sie nicht besonders auffällt und kann je nach Gelegenheit aufgepeppt werden. Solche Produkte, die häufig auch die Geschlechter einander angleichen wie die Parfums von Calvin Klein oder Hugo Boss, erleichtern durch ihr kollektives Potential von Design das gemeinsame Grundverständnis zwischen jungen Leuten. Zuerst setzten die Firmen Benetton und Esprit dieses Basic-Konzept um. Wegen seines Markterfolgs wurde es inzwischen auch von anderen Produktbereichen wie Küchenbedarf oder Mobiliar übernommen.