Begegnung > Zum Kriterium der »Konkurrenz« bezüglich der hierarchischen Struktur

Bezüglich der hierarchischen Struktur sind die Wertprinzipien durch die Zielvorgabe und die zugehörige Niveaudifferenz bestimmt. Jeder an dieser Struktur orientierte möchte eine Position innerhalb der Hierarchie ergattern, halten oder verbessern und ist ständig mit den anderen Beteiligten im Wettbewerb. Andere Menschen werden danach eingeteilt, ob sie dieses konkurrierende Streben unterstützen oder behindern. Deshalb leitet nicht die fast naive, aufgeschlossene Vorbehaltlosigkeit wie bezüglich der integrativen Struktur, noch die achtungsvolle Toleranz oder das neugierige Interesse am Fremdartigen des anderen, wie hinsichtlich der polyvalenten Struktur, das zwischenmenschliche Verhalten. Vielmehr ist die soziale Grundeinstellung durch andauernde Konkurrenz geprägt.

Auch die Designdisziplinen sind oft noch hierarchisch strukturiert. Deshalb nutzen Designer das distinktive Potential von Design ebenfalls, bezüglich der disziplinären Diskussion und ihrer öffentlichen Selbstdarstellung. Sie begünstigen dadurch das Entstehen einer mitmenschlichen Konkurrenz die über den direkten beruflichen Wettbewerb hinausgeht. Das Konkurrieren um bessere Leistungen kann dazu beitragen, die Qualität einer Disziplin zu stärken. Gerade im Designbereich ist jedoch auf Dauer keine einheitliche Messlatte für Qualität festsetzbar, ohne dogmatisch auf deren Richtigkeit zu beharren und alle Vertreter alternativer Ansätze als Konkurrenten zu besiegen. Mit dem beruflichen Selbstverständnis der Designer, die im Interesse von anderen Menschen Konzepte entwickeln sollten, ist dieses Konkurrenzverhalten im Grunde nicht zu vereinbaren. Trotzdem orientieren sich auch viele Designer bevorzugt an der hierarchischen Struktur, die für sie nur zwei Möglichkeiten offen zu lassen scheint. Entweder gelingt es, eine Spitzenposition zu erlangen oder der Versuch scheitert und es bleibt nur der Platz im unteren Teil der Pyramide übrig. Erfolgreichere Kollegen stempeln den Betroffenen rasch als bloßen Erfüllungsgehilfen seiner wenig renommierten Auftraggeber ab. Diese konstruierte Polarität degradiert die Mehrzahl der Designer, die ihren Beruf als alltagsbezogene Dienstleistung verstehen und überhöht die Genialität und den tatsächlichen Leistungsvorsprung der wirtschaftlich Erfolgreichen.

Das Kriterium der Konkurrenz kann auch positiv zur Steigerung der Leistungsbereitschaft gewertet werden und es kann Spaß machen, sich im fachlichen Wettbewerb zu messen. Je nach Zielvorgabe belebt die Konkurrenz dann die mitmenschliche Kooperation. Gewinner und Verlierer sollten in diesem Fall nicht gegeneinander ausgespielt werden und der Wettbewerb sollte vielfältige Anlässe für Konkurrenz zulassen sowie unterschiedliche Leistungen belohnen, damit nicht immer die gleichen profitieren. Die Unterstützung der Konkurrenz im kooperativen Zusammenleben durch distinktives Design bleibt jedoch fragwürdig, da sie zur Fundamentierung von Machtverhältnissen missbraucht werden kann.

Beispiel für das distinktive Potential von Design

Konkurrenzverhalten kann bereits bei Kindern gefördert oder abgemildert werden. Beispielsweise schätzen Kinder einander an der Kleidung ein. Schnell erkennen sie, wessen Eltern es sich nicht leisten können, ihr Kind mit den richtigen Labeln auszustatten. Manche Eltern unterstützen zusätzlich durch markenbewussten Konsum dieses konkurrierende Verhalten, das dem Aufbau echter Freundschaften und dem gemeinsamen Lernen im Wege steht. Deshalb gibt es Überlegungen, das distinktive Potential der Kleidung in der Schule zu minimieren und eine einheitliche Schulkleidung einzuführen.

Dem Verlangen mancher Menschen, über den Tod hinaus mit den anderen zu konkurrieren, gibt das distinktive Potential vieler Grabstätten Ausdruck. Hier wird edler Marmor überdimensional verbaut. Auch die Familienmitglieder hochrangiger Persönlichkeiten geben ihre Trauer, die in ihrer Tiefe sicher vergleichbar mit derjenigen von Normalbürgern ist, gerne durch die Größe und Vielzahl der Todesanzeigen sowie der Schaltung in wichtigen Zeitungen kund.