Ausübung > Zum Kriterium der »Regionalität« bezüglich der kontextuellen Logik

Die wiederholte Ausübung von kontextbezogenen Interaktionen führt zu einer Koppelung von Erfahrung und Lebensraum. Sogar solche Menschen, die ein modernes Nomadentum betreiben, schaffen um sich herum eine bestimmte Sphäre. Dieser Raum ist personenbezogen und kann mit verschiedenen Utensilien angereichert sein. Bezüglich der Medien mit kontextueller Logik, die für viele Menschen zur Reaktivation zur Verfügung stehen, ist jedoch weniger die personenbezogene, als vielmehr die ortsbezogene, die regionale Atmosphäre zu thematisieren. Je nach kultureller Lebensweise sind hierbei auch Überschneidungen oder Grenzziehungen zwischen dem privaten Wohnraum und dem öffentlichen Raum feststellbar. Für die Entfaltung von Lebensqualität ist es erstens wichtig, im Lebenskontext Resonanz für die eigene Erfahrung zu finden sowie diese wiederum in den Kontext einbringen zu können. Zweitens wird es bei Ortswechseln, dem Reisen oder Umziehen, erforderlich, sich auf einen andersartigen Kontext einstellen zu können. Bei privaten Besuchen ist die jeweils vorhandene kontextuelle Logik des Wohnraums zu beachten. Ebenso sind bei der Reaktivation von kontextuellen Medien ihre regionalen Ausprägungen zu respektieren und wirken somit bedingend auf die Erfahrung ein. Die Empfindung des Grads dieser Bedingtheit variiert mit der Fähigkeit, die verschiedenen Regionen nach ihrer Eigenart differenzieren, das Verhalten darauf abstimmen und ihre vielfältigen Ausprägungen akzeptieren zu können. Die ästhetische Erfahrung von Heimat ist nicht mehr nur an einem einzigen Ort festzumachen, sondern kann sich auf verschiedene, vertraut gewordenen und lieb gewonnene Gebiete beziehen. Diese sollten voneinander zu unterscheiden sein. Das zugehörige Kriterium ist daher mit dem Begriff der Regionalität erfassbar.

Das situative Potential von Design kommt dem Kriterium der Regionalität dadurch nach, dass es Angebote bereitstellt, die sich einerseits in eine vorgeprägte Region einfügen lassen und andererseits geeignet sind eine regionale Charakteristik in Koppelung mit den Erfahrungen der Bewohner auszuformen und weiterzuentwickeln.

Beispiel für das situative Potential von Design

Doppeldeckerbusse sind für das Stadtbild von Berlin und London typisch. Für Bewohner, als auch für Touristen sind sie ein Erkennungszeichen für die Region in der sie heimisch sind oder die sie gerade besuchen. Weil diese Busse weder behindertengerecht ausgestattet, noch wirtschaftlich im Betrieb sind, sollen sie in naher Zukunft ausgemustert werden. Dieses Vorhaben stieß auf Protest. Nun werden Lösungen dahingehend entwickelt, den Typ der Busse beizubehalten, aber Fahrwerk und Innenraumgestaltung zu erneuern.

Bewohner von Städten mit hohem Anteil alter Gebäude, die auch Kriegszeiten überstanden haben, lehnen Hochhäuser im Zentrum ab, da diese die regionale Prägung zerstören. Auch die Touristen erwarten das typische Flair von beispielsweise Wien oder Amsterdam. Ebenso verhindert eine beliebig in die Landschaft gesetzte, austauschbare Architektur die Erfahrung einer regionalen Prägung und gibt keinen Anlass, sich für ein Leben dort zu entscheiden oder eine Reise dorthin zu unternehmen. Gerade in ländlichen Regionen und Kleinstädten müssten Bauvorhaben entsprechend geprüft werden, ohne jedoch zu enge Vorschriften wie ein Verbot der Hausbegrünung oder eine feste Dachneigung vorzugeben. Insbesondere das Erscheinungsbild der Bauten in Industriegebieten sollten besser aufeinander abgestimmte werden, um auch diesen Regionen eine wieder erkennbare Charakteristik zu verleihen und sie von ähnlichen Gebieten unterscheidbar zu machen.

Bei der Ausrichtung von Gartenschauen sollten die natürlichen Gegebenheiten einer Region einbezogen werden. So protestierten die Bürger Frankfurts als ein bisher weitgehend naturbelassenes Naherholungsgebiet nur für den Zeitraum einer Gartenschau völlig verändert wurde und anschließend weniger Attraktivität bot, als zuvor. Als positives Beispiel ist dagegen die Neuplanung des Emscher-Park-Geländes anzuführen.

Die Pflege regionaler Unterschiede und die Erfahrung unter dem Kriterium der Regionalität wird zudem durch die neuen Kommunikationstechnologien vereinfacht. In Zukunft können mehr Menschen in den von ihnen bevorzugten Regionen leben und trotzdem in das aktuelle, globale Geschehen eingebunden bleiben. Ein Modellversuch zur Revitalisierung des italienischen Bergdorfes Colletta di Castelbianco setzt diese Vorstellung um, indem jedes Gebäude mit einem leistungsstarken Internetanschluss ausgestattet wurde. Dass die Menschen trotz des permanenten Kommunikationsanschlusses weiterhin reisen, sich persönlich treffen usw. hat mit der Erfahrung von Regionalität und dem Wechsel des Lebensgefühls je nach städtischer oder ländlicher, gebirgiger oder flacher usw. Region zu tun.

Befähigung > Zum Kriterium der »Verbindlichkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Im Unterschied zur Interaktion mit organischen Medien, deren Registrierung manchmal nur vom subjektiven Beobachterstandpunkt aus, im innerlich geschlossenen Raum erfolgt, beinhaltet das Interagieren mit kontextuellen Medien eine Öffnung nach außen. Erst dadurch kann jedes Individuum aktiv seine Erfahrungen in den Lebenskontext einbringen. Der Prozess der Reaktivation bezüglich des Umgehens mit Medien, die einer kontextuellen Logik unterliegen, betrifft jedoch nicht nur den einzelnen, sondern viele Menschen und verändert deren Lebenskontext. Daher gehören zum Subprozess der Befähigung in Relation zur Interaktion mit kontextuellen Medien zwei bedingende Einflussfaktoren. Ein Faktor ist durch die individuelle Fähigkeit zum Eingreifen in den Lebenskontext gegeben. Der zweite, in diesem Zusammenhang wesentlichere Faktor, betrifft die Prüfung der Relevanz oder der Zustimmungsfähigkeit der kontextbezogenen Interaktion für die Mitbetroffenen. Die Veränderungen an Medien mit kontextueller Logik bringen nämlich für alle, die ihr Handeln auf sie beziehen, neue Verbindlichkeiten mit sich. Dies erfordert von einem Akteur die Bereitschaft, für sein kontextbezogenes Handeln einzustehen, Verantwortung zu übernehmen und seine Erfahrung somit nach dem Kriterium der Verbindlichkeit zu erfassen und zu bewerten. Die Hoffnung, eine Erfahrung könne auch für andere Menschen gültig sein und somit im positiven Sinne Verbindlichkeit beanspruchen sowie die Unsicherheit, ob dieser Anspruch je einzulösen ist, drückt ein Gedicht von Philipp Larkin aus:

»Und hast du einmal deinen Geist durchmessen, dann überblickst du wie in einer Inventarliste, worüber du verfügst. Alles andere darf für dich nicht existieren. Und was ist damit gewonnen? Nur dies, dass wir uns wiederfinden in der zufallsblinden Prägung, die sich in allem zeigt, was wir tun; vielleicht, dass wir verstehen, woher sie stammt. Doch an dem grünen Abend, wenn für uns der Tod beginnt, nur zu bekennen, worin sie bestand, ist kaum zufriedenstellend, denn sie galt nur einmal, nur für einen Menschen, und der liegt im Sterben.« (Übersetzung aus dem Englischen von Christa Krüger, in: Rorty, 1989. S. 52)

Fraglich ist, wie die Hoffnung darauf, durch kontextbezogene Interaktion im Sinne des Kriteriums der Verbindlichkeit positive Akzente für die Erfahrung setzen zu können, jemals in größerem Umfang einzulösen ist, ohne Stück für Stück den Raum möglicher Bedeutungen auszufüllen. Neu hinzukommenden Akteuren bliebe dann nur das Erkunden dieses fertigen, abgeschlossenen Bedeutungsraums überlassen, ohne die Möglichkeit eigenständig an den Prozessen der Aktivation, der Manifestation und der Reaktivation bezüglich Medien mit kontextueller Logik mitwirken zu können.

Das situative Potential von Design kann mithelfen, dem Kriterium der Verbindlichkeit dadurch zu entsprechen, dass möglichst jeder Mensch an der Gestaltung seines Lebenskontexts aktiv teilnehmen kann, wenigstens durch ein zustimmendes oder ablehnendes Votum. Dadurch wäre auch zu verhindern, dass der Einfluss auf die Erfahrung bezüglich Medien mit kontextueller Logik großteils von oben, aus Machtpositionen heraus vorgegeben wird und sich nicht von unten, aus der Lebensdynamik wachsend, entfalten kann.

Beispiel für das situative Potential von Design

Besonders die Architektur hat Schwierigkeiten damit, dem Kriterium der Verbindlichkeit im obigen Sinne durch das situative Potential von Design zu entsprechen. Im Wohnungsbau ist es durchaus üblich, in der Planungsphase die Interessen der zukünftigen Bewohner einzubeziehen. Es wird diskutiert, ob Grünanlagen, Spielflächen, Sportanlagen, Gemeinschaftsgebäude usw. gewünscht werden. Dies ist hinsichtlich größeren Bauvorhaben schwierig wie die im Vorfeld kontroverse Diskussion um die »Gläserne Fabrik«, die der VW-Konzern in Dresden errichtet, zeigt. Während den Planern eine Erlebniswelt rund um das Auto vorschwebt, die dem Autokäufer ein touristisches Rundumerlebnis bieten soll, fühlen sich viele Bürger Dresdens überrumpelt, da ihre Stadt in eine Richtung geprägt wird, die sie als dort Lebende nicht befürworten.

Hinsichtlich dem Subprozess der Befähigung und dem Kriterium der Verbindlichkeit muss besonders die Reaktivation und Nutzung von kontextuellen Medien im städtischen Raum geprüft werden, denn hier sind besonders viele Menschen von Veränderungen in ihrem Lebenskontext betroffen. So ist es zwar zu begrüßen, wenn sich viele kleine Geschäfte, Cafés usw. in einer Straße ansiedeln, aber was für den Inhaber ungeachtet des finanziellen Erfolgs als Entfaltung seiner Erfahrungen im Sinne seiner Befähigung erlebt wird, kann ein Bewohner als Verschandelung des Stadtbildes durch Werbeschilder, schrille Schaufenstergestaltung oder billigste Ausstattung empfinden. In einigen Städten wurde deshalb bereits über die Einführung von Strafgebühren für ungepflegte, unpassende Bestuhlung im städtischen Raum verhandelt. Bezüglich diesem Problem kann das situative Potential von Design dahingehend einwirken, dass Firmenschilder zum Beispiel auf die Architektur einer Altstadt abgestimmt werden ­ inzwischen ist das auch bei McDonals-Filialen der Fall­, dass entsprechend passende Utensilien für die Ausgestaltung der Schaufenster entwickelt werden und dass die Bestuhlung der Straßencafés deren Differenzierung zulässt Herstellerfirmen für solche Produkte müssen daher eine größere Vielfalt anbieten.

Insgesamt sollte das Public Design, von der Straßenlaterne, über die Parkbank zum Fahrradständer das Kriterium der Verbindlichkeit bezüglich der kontextuellen Medien stärker beachten. Auch in diesem Bereich ist ein größeres, differenzierteres Angebot zu schaffen, um die Bürger an dem Prozess der verändernden Nutzung und Reaktivation der Medien beteiligen zu können, die ihre Erfahrungsqualität in Relation zu kontextbezogenen Interaktionen mitbedingen. Ein Konzept für das Public Design einer Stadt darf keine zu einschränkenden Verbindlichkeiten vorgeben, sondern sollte einen Rahmen bieten, der zu Eigenaktivitäten ermuntert und befähigt. Zudem sollte das situative Potential von Design daraufhin angelegt sein, die Entwicklungsgeschichte der dort lebenden Bürger aufnehmen zu können und dadurch eine einzigartige Ausformung zuzulassen, die sich nicht in jeder anderen Stadt genauso wiederfindet. In diesem Sinne können öffentliche Einrichtungen wie Stadtverwaltung, Krankenhaus, Kindergarten oder Schule markante Signale setzten. Um diese Bereiche von der Architektur über Public Design bis zur Stadtzeitschrift einbinden zu können, ist die Entwicklung einer Corporate Identity für die Stadt sinnvoll (vgl. Kutschinski-Schuster, 1993).

Verfügung > Zum Kriterium der »Erreichbarkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Bezüglich der Nutzung und Reaktivation von Medien mit kontextueller Logik lässt sich als wesentlicher Einfluss auf die Erfahrung im Subprozess der Verfügung das zum Erreichen des Mediums notwendige Bemühen hervorheben. So ist ein Theaterbesuch für Stadtbewohner relativ leicht ohne weite Anfahrten zu realisieren. Findet allerdings nur eine Vorstellung statt, ist langes Anstehen für die Karten oder den Einlass nötig. Als Bedingungen für die Erfahrung im Subprozess der Verfügung werden daher besonders räumliche und zeitliche Distanzen empfunden. Die Qualität dieser Empfindung wird durch das Kriterium der Erreichbarkeit erfasst.

Hierbei sind zwei Akzente hervorzuheben. Erstens wirkt es positiv auf die Erfahrung, wenn möglichst viele kontextuelle Medien im Nahfeld zur Verfügung bereitgehalten werden und im Prinzip jederzeit erreichbar sind. Dieses Gefühl der Erreichbarkeit für eine größere Zahl von Menschen in ihrem Lebenskontext zu realisieren, ist eine wesentliche Aufgabe für das situative Potential von Design. Zweitens kann komplementär zu der Erfahrung der Erreichbarkeit bezüglich den kontextuellen Medien die Erreichbarkeit der eigenen Person seitens des Lebensumfelds miterfasst werden. Diese doppelte Problematik des Kriteriums der Erreichbarkeit und des darauf abgestimmten situativen Potentials von Design behandeln die unten angeführten Beispiele.

Ein weiterer Akzent zu diesem Kriterium, der kurz angeführt werden soll, betrifft das Erleben von alltäglichem als dem jederzeit Erreichbaren und dem Besonderen als demjenigen, dessen Erreichbarkeit Mühe erfordert. Beispielsweise gehört es zum Marketingkonzept von Ikea, auf der grünen Wiese zu bauen, weil die Kunden nach der langen Anfahrt und den überwundenen Mühen eher bereit sind, einen Kauf zu tätigen und nicht erfolglos zurückfahren wollen. Unter diesem Akzent kann das situative Potential von Design dem Kriterium der Erreichbarkeit dadurch entsprechen, dass das endlich erreichte und zur Verfügung stehende kontextuelle Medium dem Aufwand gerecht wird. Wie schwer es ist, solche Erwartungen einzulösen, zeigt der Einbruch des Musical-Unternehmens Stella. Einige aufwendige Produktionen konnten nicht genügend Besucher anlocken, um ihren Betrieb effizient fortsetzen zu können. Das Konzept, allein schon durch die Anreise per Bus oder Bahn mit Familie, Freunden oder Vereinen mit beizutragen, den Musicalbesuch zu einem besonderen Ereignis werden zu lassen, ging nicht in allen Fällen auf.

Beispiel für das situative Potential von Design

Auch im Bereich der visuellen Kommunikation ist das Kriterium der Erreichbarkeit durch das situative Potential von Design zu beachten. So sollten Hinweisschilder innerhalb Ausstellungen schon aus einer größeren Entfernung lesbar sein, damit ein Besucher je nach Wunsch die Durchgangsrichtung verändern kann. Sind die Schilder erst zu lesen, wenn der Besucher direkt vor ihnen steht, ist er gezwungen, sehr nahe auf sie zuzugehen. Dadurch verliert er leicht die bereits selbst gewonnene Orientierung im Raum und folgt womöglich etwas irritiert den Angaben des Schildes. In dieser Hinsicht fällt das von Neville Brody entworfene Leitsystem der Kunsthalle der BRD in Bonn negativ auf.

Das Kriterium der Erreichbarkeit nimmt in Konzepten zum Wohnen in der Zukunft einen hohen Stellenwert ein. Riesige, hoch gebaute Wohnkomplexe könnten dazu beitragen, die unerwünschte Zersiedlung der Landschaft zu stoppen und Menschen die Vorteile eines Lebenskontextes zu bieten, der alle wichtigen Medien zur Nutzung und Reaktivation bei Bedarf zur Verfügung hält. Wohnen und Arbeiten, Freizeitgestaltung, medizinische Versorgung, das Einkaufen und die Ausbildung, alle diese menschlichen Lebensbereiche sollen nach den Plänen japanischer Architekten in einem nach heutigen Maßstäben überdimensionalem Hochhaus integriert werden. Binnen etwa fünf Minuten wäre jeder Ort in dem Haus mittels Fahrstühlen, Rolltreppen oder Laufbändern zu erreichen. Die Bewohner müssten im Grunde diesen Lebenskontext nicht mehr verlassen.

Das Pendant zu diesem Gedanken, der dem derzeit favorisierten westlichen Lebensgefühl, zu dem untrennbar das Reisen gehört, nicht entspricht, ist die Vorstellung von einer freien, ortsungebundenen Beweglichkeit, einem modernen Nomadentum. Aufgrund der Telekommunikationstechnologie ist es im Prinzip möglich, jeden Ort auf der Welt zu jeder Zeit zu erreichen, ohne selbst ortsgebunden zu sein. Denn durch die mobile Telekommunikation schrumpfen die Bedingungen von Raum und Zeit hinsichtlich der Reaktivation kontextueller Medien ebenso, wie umgekehrt auch bezüglich der Erreichbarkeit einer Person. Inzwischen kann die permanente Erreichbarkeit bereits durch die Vergabe von personenbezogenen Nummern auf Lebenszeit garantiert werden. Dies hat auch für das Service-Design Konsequenzen. Zur Zeit ist es noch üblich, eine Hausbank, ein Ärztezentrum und wenigstens Geschäfte zur Nahrungsmittelversorgung am Wohnort zu haben, die Geschäftspost am Schalter abzuliefern, den Handwerkbetrieb aus der Nachbarschaft mit Reparaturen zu beauftragen, täglich zur Arbeit zu fahren oder in die Schule zu gehen usw. All dieses könnte in Zukunft völlig anders gestaltet werden, weil die mobile Internetechnologie neue Serviceleistungen ermöglicht und alte ersetzt oder verdrängt.

Einprägung > Zum Kriterium der »Umweltverträglichkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Zum letzten Subprozess der Manifestation von medial bedingten Erfahrungen, der Einprägung, gehört in Relation zu Medien mit kontextueller Logik die Abstimmung mit den bereits im Kontext vorhandenen Medien. Zu diesen ist auch die kontextbezogene Gegebenheit der Natur zu zählen, welche der beliebigen Verbreitung und Einprägung von Erfahrungen durch kontextuelle Medien entgegensteht. Daher ist bezüglich der Einprägung von Erfahrungen im Umgang mit Medien mit kontextueller Logik besonders im Zeitalter der Globalisierung das Kriterium der Umweltverträglichkeit zu beachten. Hierbei ist der Gedanke entscheidend, dass es nicht allein darum geht, die Umweltverträglichkeit sicherzustellen, indem die Vermittlung des westlichen Lebensstils und der mit diesem aktivierten und bereits manifestieren Medien mit kontextueller Logik erschwert wird. Denn bei aller Kritik sind auch positive Errungenschaften dieser Lebensweise für die Erfahrungsbildung und die Lebensqualität zu konstatieren, deren weitere Einprägung und Manifestation wünschenswert ist und sich mit der parallel stattfindenden Vermittlung von Lebensweisen anderer Kulturen ergänzen sollte.

Das situative Potential von Design entspricht dem Kriterium der Umweltverträglichkeit, indem Medien mit kontextueller Logik nicht einfach generell und global gleichartig umgesetzt werden, sondern eine den jeweiligen Gegebenheiten entsprechende Ausformung erhalten, die es ermöglicht, ihren positiven Wert in die Erfahrungsbildung und die ästhetische Erfahrung bezüglich verschiedenen Lebenskontexten einzuprägen, ohne die ökologischen Zusammenhänge zu verletzen.

Beispiel für das situative Potential von Design

In diesem Zusammenhang ist auch ein differenziertes Technikverständnis zu entwickeln, das Medien mit hohem technischen Bearbeitungsanteil nicht pauschal als schädlich für Mensch und Natur verurteilt. So weist etwa moderne, vollständig aus Nylon gefertigte Kleidung gegenüber einem Baumwollprodukt einen höheren Tragekomfort, bessere Pflegeleichtigkeit und eine annähernd einhundertprozentige Wiederverwertbarkeit auf. Diese Nylonkleidung ist somit gerade durch die komplexe technische Fertigung umweltverträglicher als vergleichbare Baumwollprodukte und es ist daher sinnvoll die zugehörige Technologie zu vermitteln und zu verbreiten.

Zu einer umweltverträglichen, einander ergänzenden Einprägung der aus westlichem und östlichem Lebensstil gewonnenen Erfahrungen kommt es zum Beispiel im Bereich der Nahrungsmittelverarbeitung. Die Filiale eines Shanghai Hotels in Hamburg nutzt zwar die Methoden und Gerätschaften der asiatischen Küche, lässt aber keine Originalzutaten einfliegen, sondern verwendet großteils die Nahrungsmittel der Region.

Friedrich Schmidt-Bleek entwickelte am Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt, Energie das Faktor-10-Konzept, dessen leichter realisierbarere Variante im 1995 erschienenen Öko-Bestseller »Faktor 4« von Ernst Ulrich von Weizäcker präsentiert wurde. Bleek setzt den Materialaufwand mit seinem Nutzen in Verbindung. Hierauf basiert das MIPS-Konzept, das den Material-Input pro Einheit Service berechnet. Je mehr solcher Einheiten für die Herstellung eines Produkt benötigt werden, desto größer ist der ökologische Rucksack, den das Produkt mit sich trägt.

Durch diese Berechnungseinheit wird es möglich, die Effizienz des Materialeinsatzes bezüglich verschiedener Materialien und deren Förderungs- und Verarbeitungsverfahren sowie den Transport- oder Recyclingaufwand zu vergleichen. Ziel ist es, bei gleichbleibender oder sogar steigender Lebensqualität das Material zukünftig zehnmal effizienter als heute einzusetzen. Für das situative Potential von Design heißt dies, dass die Qualität der durch Interaktion mit einem Lebenskontext gewonnenen Erfahrungen auch in andere Kontexte verbreitet und medial geprägt werden kann, wenn die manifestierende Einprägung unter Beachtung der Bedingungen der jeweiligen Umweltgegebenheiten erfolgt und mit deren kontextueller Logik beispielsweise dem Klima abgestimmt wird. So ist die Energieversorgung der Haushalte nicht in erster Linie durch die Absenkung der Wohntemperatur, welche oft als zu kühl empfunden wird, effizienter zu gestalten. Es ist vielmehr zu prüfen, ob sich zentrale oder dezentrale Energieversorgung besser eignet, welche Wärmedämmung möglich ist und welche Heizenergie, von der Muskelkraft über biologische Brennstoffe bis zur Wind- oder Solarenergie je nach Beschaffenheit des Lebensraums günstiger ist.

Verbreitung > Zum Kriterium der »Transportierbarkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Der zweite Subprozess der Manifestation von Erfahrungen durch Medien mit kontextueller Logik in der individuellen und sozialen Erfahrungswirklichkeit, die Verbreitung, betrifft auch die serielle Produktion von Gegenständen. Diese ist eine wichtige Voraussetzung, um die beispielsweise in Alltagsdingen manifestierten Erfahrungen zu vervielfältigen und vielen Menschen zugänglich zu machen. Doch erst der Transport der Serienprodukte garantiert, dass die Vervielfältigung über ein bestimmtes Lebensumfeld hinausgehend zur weiteren Manifestation von Erfahrungen bezüglich Medien mit kontextueller Logik beiträgt. Mit fortschreitender Entwicklung der Transporttechnologie und zunehmender Mobilität durch Schifffahrt, Straßen-, Schienen- und Flugverkehr verringerten sich die Beschränkungen, die sich aus der Abhängigkeit der materiellen Fixierung von Erfahrungen von den naturgegebenen kontextuellen Medien ergeben (vgl. Punkt 5.3.2.1). Zudem ermöglichte die Erfindung und Entwicklung verschiedener Kunststoffe sowie der zugehörigen Produktionstechnologien seit den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts eine standortungebundene, serielle Fertigung vieler Gegenstände des täglichen Bedarfs. Somit ist der Einfluss des Subprozesses der Vervielfältigung auf die Erfahrungskreation in Beziehung zur Interaktion mit Medien, die von der kontextuellen Logik bestimmt werden, durch das Kriterium der Transportierbarkeit zu erfassen.

Das situative Potential von Design kann dem Kriterium der Transportierbarkeit entsprechen, indem für die Manifestation von medienbezogenen Erfahrungen wesentliche Anteile nicht zu stark kontextabhängig gestaltet werden. Vielmehr sollte sich das situative Potential von Design, auf den Subprozess der Verbreitung bezogen, aus einem speziellen Kontext herauslösen lassen und ohne essentielle Veränderungen auch in einem anderen Kontext einfügbar sein.

Beispiel für das situative Potential von Design

Anhand von Planungen für Großraumflugzeuge werden die Grenzen des Kriteriums des Transportierbarkeit deutlich. Solche Flugzeuge könnten den Massentransport von Menschen oder Gütern ermöglichen und mit einem Flug viele Flüge mit kleinen Maschinen ersetzen. Ihre Größe würde jedoch Start und Landung auf sämtlichen vorhandenen Flughäfen verhindern und es müssten weltweit neue Flughäfen mit besonders großen Bahnen errichtet werden. Dies wäre wiederum nur in bestimmten Regionen einerseits technisch möglich und andererseits wirtschaftlich sinnvoll, denn die große Zahl der Fluggäste oder der zu transportierenden Güter muss zunächst durch weitere Transportmittel zu einem der großen Flugzentren hinbefördert werden. So entsteht das Paradox, dass diese Riesenflugzeuge dem Transport dienen sollen, ihrerseits aber stark kontextabhängig sind.

Demgegenüber kann die Automobiltechnik mit kleineren Veränderungen an der Ausführung in verschiedenen Kontexten eingesetzt werden und erfährt daher weite Verbreitung. Je nach Straßenverhältnissen und dem Belag der Straßen sind beispielsweise Reifen oder Stoßdämpfer von Autos, die in verschiedene Länder exportiert werden, anzupassen.

Fixierung > Zum Kriterium der »Materialisierbarkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Medien mit kontextueller Logik sind durch ihre Materialisierbarkeit fixierbar. Dies heißt, dass ein Medium nicht für den Lebenskontext zur Verfügung stehen kann, wenn seine Materialisierung beispielsweise aufgrund der unterschiedlichen Materialien oder Bodenschätze, die der naturgegebene Lebensraum enthält, nicht gelingt. Mitbeeinflusst durch diese differierenden Anfangsbedingungen entwickelten sich verschiedene Kulturen. Heutzutage entsteht regionale Architektur nicht mehr allein wegen der verschiedenen Baumaterialien wie Sandstein oder Granit, Weich- oder Hartholz die in einer Gegend vorhanden sind und durch welche auch die Erfahrungen und Kenntnisse beispielsweise der Handwerker mitgeprägt werden. Unterschiede bei der Gestaltung der gegenständlichen Umwelt aufgrund von regionalen Materialvorkommen und dem zugehörigen traditionellen Kunsthandwerk nahmen mit den Fortschritten des Transportwesens ab (vgl. Punkt 5.3.2.2). Die Erleichterung der Fixierung von Erfahrungen bezüglich kontextbezogenen Interaktionen ist ein Kennzeichen der modernen Industriegesellschaft. Ihr Materialverschleiß wird erst heute offensichtlich Dementsprechend muss das situative Potential von Design bezüglich dem Kriterium der Materialisierbarkeit verstärkt ökologische Zusammenhänge berücksichtigen.

Aus diesem Ansatz folgt nicht zwangsläufig, dass die interaktiven Erfahrungen im Lebensraum wiederum allein von den naturgegebenen Materialien abhängig gemacht und somit eingeschränkt werden müssen. Die Anstrengungen sind vielmehr darauf zu richten, durch Interaktionen mit dem Lebenskontext entwickelte und für wertvoll befundene Erfahrungen in unterschiedlicher Weise, durch verschiedene Materialien und Verarbeitungsverfahren zu fixieren. Dadurch kann das situative Potential von Design dazu beitragen, kulturell gewachsene Unterschiede zu pflegen und sinnvolle Erfahrungen im Umgang mit kontextuellen Logiken interkulturell zu fixieren.

Beispiel für das situative Potential von Design

Die Fixierung einer guten Infrastruktur gehört zu den wichtigsten Fördermaßnahmen der den kontextuellen Logiken unterworfenen Lebensbedingungen. So wird geschätzt, dass die massiven Erdbeben in Mittelamerika Ende 1998 die betroffenen Länder in ihrer Entwicklung um mindestens zwanzig Jahre zurückgeworfen haben, weil die Infrastruktur wie Straßennetz, Energieversorgung usw. teils vollkommen zerstört wurde. Das Wissen um den Zusammenhang von Lebensqualität und Infrastruktur sollte dazu führen, auch denjenigen Menschen, die in schwierigem Gelände leben, zu helfen, eine der Beschaffenheit dieses Geländes gemäße Infrastruktur zu entwickeln oder zu erhalten, deren kontextuelle Logik mittels dem situativen Potential von Design entsprechend dem Kriterium der Materialisierbarkeit geformt wird. So ist es im flachen Land sinnvoll, die Binnenschifffahrt und die zugehörige Technologie wie auch den Schiffsbau zu erhalten und in gebirgigen Regionen sind die Erfahrungen mit dem Tunnelbau sowie den speziell entwickelten Gerätschaften zu fixieren.

Dass es auf Dauer unmöglich ist, eine Landschaftsplanung ohne Berücksichtigung des Kriteriums der Materialisierbarkeit umzusetzen, zeigt die ansteigende Zahl von Naturkatastrophen in Wintersportgebieten oder in Regionen, die bekanntermaßen überschwemmungs- oder erdbebengefährdert sind. Auch in diesem Zusammenhang können Menschen von regional tradierten Erfahrungen mit Materialien profitieren, diese austauschen, neue technische Lösungen nach dem Kriterium der Materialisierbarkeit entwickeln und in Relation zur jeweils vorgefundenen kontextuellen Logik fixieren. So nutzen zum Beispiel asiatischen Architekten und Techniker ihre tradierten Erfahrungen mit dem Material Bambus und entwickeln Hightech-Materialien wie Kohlefaserverbundstoffe mit ähnlichen Eigenschaften zur Konstruktion erdbebensicherer Gebäude.

Entwicklung > Kriterium der »Vernetzbarkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Die Entwicklung als dritter Teilschritt der Aktivation von Medien mit kontextueller Logik erfolgt durch ihre zunehmende Vernetzung und dadurch erleichterte Ausbaufähigkeit im Lebenskontext. Selten findet eine kontextbezogene Interaktion mit nur einem Medium statt, meist werden mehrere Medien in unterschiedlichen Kombinationen parallel genutzt. So gehört zu einem Kinobesuch beispielsweise auch die Straßenbahnfahrt oder der anschließende Besuch in einem Lokal. Durch diese Vernetzbarkeit und gleichzeitige Präsenz entwickelt sich im Erfahrungsprozess erst der Eindruck, einer kontextuellen Logik. Indem diese keinen fixen Rahmen vorgibt, verschiedene Handlungsalternativen offen lässt und somit weiterentwickelbar angelegt ist, entspricht sie dem Kriterium der Vernetzbarkeit.

Das situative Potential von Design kann durch die Erleichterung von Verbindungen oder durch gezielte Abgrenzungen bezüglich kontextuellen Interaktionsmöglichkeiten dazu beitragen, eine für den Erfahrungsprozess sinnvolle Vernetzbarkeit der kontextuellen Logiken anzubieten und dadurch zu deren weiteren Entwicklung beitragen.

Beispiel für das situative Potential von Design

Einkaufszentren sind deshalb so erfolgreich, weil hier verschiedene kontextuelle Interaktionen die zum Einkaufen gehören, über Bushaltestellen oder Parkplätze, zu Einkaufsmöglichkeiten quer durch eine breite Produktpalette, bis zur Kinderbetreuung usw., leichter zu vernetzen und nach neuen Erfordernissen weiterzuentwickeln sind als in den traditionellen Einkaufsstraßen oder den Märkten. Die Besucher solcher Zentren können sicher sein, dort ein Lebensmittelgeschäft ebenso vorzufinden wie einen Schuhreparaturservice, einen Zeitungskiosk oder ein Fotokopiergerät und sie können sich darauf verlassen, dass alle Einzelgeschäfte gleiche Öffnungszeiten haben. Dagegen bieten traditionelle Geschäftsstraßen ungeachtet der meist höheren Preise nicht diesen umfassenden Service an, da es viele Ladenbesitzer versäumen, ihr Geschäft passend zu dem gesamten kontextuellen Wandel mitzuentwickeln. Kunden müssen sich in jeder Stadt erst neu orientieren und oft weite Wege zurücklegen oder sich nach unterschiedlichen Öffnungszeiten richten, von denen sie häufig erst dann erfahren, wenn sie bereits vor dem gerade geschlossenen Geschäft stehen. Maßnahmen zur Revitalisierung von Stadtbereichen sollten den Vorteilen der Einkaufzentren Rechnung tragen, um durch ihr situatives Potential von Design zum Kriterium der Vernetzbarkeit und der weiteren Entwicklung des Lebenskontextes beitragen zu können.

Verbesserung > Zum Kriterium der »Erneuerbarkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Kontextuelle Medien unterliegen einem materialbedingten Alterungsprozeß. Ohne produktive Pflege wie sie beispielsweise Restauratoren im Denkmalschutz oder in Museen betreiben wäre ihre Haltbarkeit gefährdet. Das Kriterium der Erneuerbarkeit soll über diese erhaltende Pflege hinausgehend eine mögliche Korrektur als aktive Veränderung von bereits gefestigten kontextuellen Medien beschreiben.

Die Vergänglichkeit kontextueller Medien fordert ständig aufmerksame Zuwendung. Daher ist die Entscheidung, welche Medien weiterhin zur Wirklichkeit gehören oder dem Verfall preisgegeben werden sollen, wiederholt zu treffen. Hier liegt die Chance, Produktivkraft nicht nur in Verpflichtung auf die Tradition in die Erhaltung der Medien zu stecken, sondern korrigierende Erneuerung einzubringen und die Medien entsprechend der ständig im Wandel befindlichen und je nach sozialer Eingebundenheit andersartigen Lebenswirklichkeit in ihrer Bedeutung zu aktualisieren.

Korrigierendes Erneuern muss nicht automatisch auf eine fortschrittsgläubige Einbahnstraße führen. Wenn es sich nach dem Austesten des Erneuerten ergibt, dass der alte Zustand doch besser war, so ist es sinnvoll, diesen wieder herzustellen. Damit dies ohne zu großen Aufwand möglich ist, sollte das situative Potential von Design immer ein gewisses Maß an Fehlerfreundlichkeit und Korrigierbarkeit enthalten.

Beispiel für das situative Potential von Design

Wie Lucius Burckhardt in seinem Essay »Durch Pflege zerstört« (vgl. Burckhardt, 1985) thematisiert, kann eine unkritisch erhaltende, jedoch nicht erneuernde Pflege mit dazu beitragen, dass die Umwelt »zu Tode gepflegt« wird. In der lieblichen Überästhetisierung der Umwelt, die sich zum Beispiel durch perfekte Grünflächen, altertümliche Straßenlaternen oder Kopfsteinpflaster, übertriebenem Blumenschmuck an dafür unpassenden Bereichen, äußert, steckt die Verleugnung moderner Lebenspraxis. Anstelle ein zeitgemäßes situatives Design zu entwickeln, das den aktuellen kontextuellen Anforderungen entspricht und korrigierende Erneuerungen vorzunehmen, lähmen viele Entscheidungsträger durch zu kritikloses Restaurieren von Veraltetem, in der Stadtplanung beispielsweise am Frankfurter Römerberg, die produktiven Energien.

Gebrauchs- und Verschleißprodukte als kontextuelle Medien des alltäglichen Lebens wie beispielsweise Kaffeemaschinen oder Toaster, werden kontinuierlich benötigt. Die Produktionswerkzeuge für die Kunststoffteile unterliegen ebenfalls einem Verschleiß, so dass es weiterhin sinnvoll ist, die Werkzeugformen nicht unverändert zu ersetzen, sondern verbessernde Korrekturen, die auch eine zeitgemäße Erneuerung der ästhetischen Anmutung betreffen können, vorzunehmen.

Erzeugung > Zum Kriterium der »Erprobbarkeit« bezüglich der kontextuellen Logik

Im Unterschied zu organischen Medien sind kontextuelle Medien bereits in irgendeiner Form im Lebensumfeld fixiert. Bei Interaktionen mit Ihnen darf ein bestimmtes Maß an Zuverlässigkeit erwartet werden. Neben dem Verhalten, das in der Erwartungsbestätigung endet, vollzieht sich erprobendes Verhalten, das den Erfahrungshorizont erweitert und verschiedene Arten von Interaktionen mit einem Medium austestet. Welche Verhaltensweise überwiegt lässt sich schwer entscheiden.

Für die ästhetische Erfahrung der verändernden, erprobenden Interaktionen im Lebenskontext ist es im Sinne der bisherigen Überlegungen und im Unterschied zu romantisierenden oder anthroposophischen Auffassungen, welche die menschliche Erfahrung der Naturverbundenheit als Wert an sich herausstellen, nicht von vornherein entscheidend, ob sie an natürlich oder kulturell fixierten Medien ansetzt. Wichtig ist der gestalterische Spielraum, der für selbständiges, erprobendes Verhalten im Lebenskontext offen steht. Hier ist das situative Potential von Design förderlich einzusetzen.

Beispiel für das situative Potential von Design

In einem Lebenskontext, der wenig Freiraum für kreatives Ausprobieren von Ideen lässt, verkümmern Aktivitätsansätze und die Menschen verlieren einen entscheidenden Aspekt qualitativer Lebenserfahrung. Möglichkeiten für kreatives Erproben werden schon durch die Gesamtverfassung des Lebenskontexts eingeschränkt. Ein Stadtbewohner kann die Gesamtheit seiner Fähigkeiten, wie Naturvorgänge beurteilen zu können, mit vielen Tieren umzugehen, handwerklich von der Maschinenreparatur bis zur Zimmermannsarbeit geschickt zu sein weniger gut erproben als ein Landbewohner. Dagegen bleiben dessen Erfahrungsmöglichkeiten in der Erprobung von Café Besuchern, Teilnahme am kulturellen Leben, Nutzung von Freizeitangeboten aller Art, längere Reisen usw. eingeschränkt. Solche vorgefundenen Lebenskontexte, ob eher durch die Natur oder durch die Kultur geprägt, sind selten völlig umzugestalten. Gerade deshalb sind kleine Veränderungen wichtig. Phantastische Visionen oder Utopien können die Erfahrung des kreativen Erprobens der Medien im alltäglichen Lebenskontext und deren aktive Mitgestaltung nicht ersetzen.

Möbel und andere Gegenstände des täglichen Gebrauchs sollten nicht allesamt strikt auf eine Funktion hin optimiert sein, weil dadurch das Erproben anderer gerade benötigter Funktionen sehr stark eingeschränkt wird. Stühle sind gewöhnlich zum Sitzen da, aber wer holt immer eine Leiter, um einen höheren Regalboden zu erreichen? Afrikaner, denen in den sechziger Jahren von Entwicklungshelfern Toiletten eingebaut worden waren, welche sie nach ihrer Ansicht zum vorgesehen Zweck aber nicht benötigten, bewiesen ihre erprobende Kreativität, indem sie die Toiletten beispielsweise zum Gemüsewaschen benutzten.