Kommunikation > Zum Hauptkriterium der »projektiven Einigkeit« bezüglich der imaginativen Qualität

Während das gegenwärtige Gefühl der Verbundenheit flüchtig ist und an momentanes Erleben gekoppelt bleibt, ergibt sich aus der Gedächtnisfunktion von Gefühlen als allgemeinen Erfahrungsqualitäten die Grundlage zur langfristigen Erhaltung von gemeinsamen Erlebnissen, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder aktiviert und weiterentwickelt werden können. Eine kommerzielle Umsetzung findet das Wissen um die Wichtigkeit dieses Wir-Gefühls für das Selbstkonzept und die Wertung von Erfahrung anhand der Hauptkriterien der gegenwärtigen Verbundenheit und der projektiven Einigkeit durch Incentives-Agenturen. Diese organisieren besondere Reisen als Belohnung und Ansporn für erfolgreiche Mitarbeiter eines Unternehmens. Mit diesen Reisen wird für die zur Teilnahme ausgewählten Firmenmitglieder zunächst ein verbindendes Erlebnis erzeugt. Darüber hinaus wird aber auch die Projektion von Einigkeit in Form einer unvergesslichen gemeinsamen Erinnerung oder der Aussicht auf ein noch schöneres Zusammensein im nächsten Jahr geschaffen.

Die Erinnerung oder die Vorstellung in Zukunft etwas ähnlich Schönes zu erleben ist der imaginativen Qualität zuzuordnen. Hinsichtlich der Beziehung von imaginativer Qualität und Kommunikation, wird die projektive Einigkeit zwischen den Menschen zum wichtigsten Hauptkriterium zur bewussten ästhetischen Erfahrungsbeurteilung. Die Projektion dieser Einigkeit kann sowohl in die Zukunft, als auch in die Vergangenheit gerichtet sein und ist unabhängig von einer gegenwärtigen Zusammenkunft, obgleich diese bestärkend wirken kann.

So bilden Menschen, die ansonsten völlig unterschiedlich leben, Gruppierungen aufgrund des gemeinsamen Bezugs auf die projektive Einigkeit, die wesentlich zu ihrem Selbstkonzept gehört. Menschen die ihre Heimat verlassen mussten und sich entwurzelt fühlen, treffen sich mit Schicksalsgefährten, mit denen sie daheim womöglich niemals zu tun gehabt hätten, und stellen eine projektive Einigkeit durch den gemeinsamen Bezug auf das Heimatland her. Wissenschaftler, die in ihre einsame Forschung vertieft sind, werten ihre damit verbundenen ästhetischen Erfahrungen trotz gegenwärtiger Misserfolge an der imaginativen Qualität und fühlen sich durch eine projektive Einigkeit mit Kollegen verbunden. Die gemeinsame Hoffnung auf das Erreichen eines wissenschaftlichen Durchbruchs in der Zukunft, kann sogar Konkurrenten vereinen. Ebenso stellen beispielsweise Politiker die Reflexion ihrer auf das innere Selbst bezogenen ästhetischen Erfahrung zurück und bewerten diese vorwiegend im Hinblick auf die projektive Einigkeit, das gemeinsame Ziel der Partei.

Durch das Hauptkriterium der projektiven Einigkeit entsteht einerseits ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl und andererseits ein markanter Orientierungswert als Bezug für die individuelle ästhetische Erfahrung. Dies gilt ungeachtet der inhaltlichen Bedeutung oder ethischen Bewertung gleichermaßen für kommunikatives Engagement innerhalb auf breiter Basis sozial legitimierter Gruppen, wie auch innerhalb problematischer Randgruppen. Eine Lebensgestaltung die großteils aus der kommunikativen, auf die Mitmenschen bezogenen Dimension des Selbstkonzepts erwächst und sich die perzeptive und die empathive Qualität vernachlässigend an der imaginativen Qualität und dem Hauptkriterium der projektiven Einigkeit orientiert, ist immer wieder kritisch zu prüfen. Die Ausrichtung der ästhetischen Erfahrung auf eine Projektion und die Gewöhnung an diese kann leicht dazu führen, dass sie zum lebensfremden und gefährlichen Dogma mutiert. An diesem kann zwar die eigene Lebensqualität verankert bleiben, aber durch die Bindung des Selbstverständnisses an Mitmenschen und Kommunikation wird mit der persönlichen Orientierung an der projektiven Einigkeit ungeprüft die Überzeugung verbunden, dass diese Projektion auch für andere Menschen gut sein muss. Darin liegt die Gefahr einer gewaltsamen Realisation der projektiven Einigkeit. Dies gilt für rückwärtsgewandte Projektionen von Fundamentalisten ebenso, wie für zukunftsweisende Projektion von Utopisten.

Der Gefahr einer Verabsolutierung der projektiven Einigkeit ist dadurch zu begegnen, dass die Projektionen nicht in weite Ferne gerückt werden oder zu große Mächtigkeit erhalten wie dies bei religiösen Projektionen oft der Fall ist. Ihre Einlösungsmöglichkeit muss erreichbar erscheinen und nach einer eventuellen Konkretisierung der projektiven Einigkeit als gegenwärtige Verbundenheit, sollten neue Projektionen entwickelbar bleiben. Mit diesem Verständnis kann die projektive Einigkeit als Hauptkriterium der imaginativen Qualität innerhalb der ästhetischen Erfahrung viel zur Kommunikationsbereitschaft und zum friedlichen Zusammenleben beitragen und ist deshalb durch die Ausrichtung von Design auf die prospektive Aktualität zu fördern.

Beispiel für die prospektive Aktualität von Design

Erfolgreiche Projekte mit als schwierig geltenden Jugendlichen zeigen, wie wichtig es für die Überwindung deren negativer Situation ist, eine Perspektive von zukünftiger Einigkeit zu entwickeln, auf die schon jetzt gemeinsam hingearbeitet werden kann. Anstelle ein perfektes Jugendzentrum errichten zu lassen, ist es besser, die Betroffenen in die Planung und den Bau des Zentrums aktiv miteinzubeziehen und die entwickelten Ideen nicht alle sofort, sondern Schritt für Schritt umzusetzen. Das gemeinsame Ziel überbrückt gegenwärtige Differenzen und verhilft zu einem langfristigen Verständnis der Jugendlichen füreinander.

Die von Gene Roddenberry begründete Science Fiction Serie Star Trek entwirft eine Zukunft, in der Lösungswege für moralische und technische Probleme entwickelt werden und friedliches Koexistenz von Menschen mit Außerirdischen möglich ist. Einzelne Episoden thematisieren Fragestellungen, die im heutigen Alltagsleben aktuell werden könnten und bieten Lösungen im Sinne der projizierten Lebensweise an. Weil diese Projektion von Einigkeit nicht zu phantastisch, sondern konkretisierbar erscheint, vermittelt sie den Zuschauern die ästhetische Erfahrung der auf Kommunikation und Mitmenschen bezogenen imaginativen Qualität. Im Rahmen der Conventions ist zu beobachten, welch unterschiedliche Menschen sich aufgrund dieser Perspektive begegnen und miteinander kommunizieren.