Unter den bedingenden Komponenten ästhetischer Erfahrung legt die mediale Komponente die härtesten Bedingungen fest. Ihr Haupteinfluss innerhalb des Zusammenwirkens aller Komponenten wird deshalb als Limitation (vgl. Kapitel 5.1.3) gekennzeichnet. Der Körper als Medium begrenzt die mögliche gefühlsbezogene Evaluation und subliminale Akkumulation von Erfahrung. Die Vorstellung, frei wie ein Vogel fliegen zu können, ist von Menschen auf direktem Weg, das heißt ohne die Zwischenschaltung weiterer Medien, nicht konkretisierbar. Die soziale Erfahrungsselektion wird von den Medien dadurch begrenzt, weil sie auf Medien angewiesen ist. Medien erleichtern die zwischenmenschliche Kommunikation durch Überbrückung von Entfernungen und engen sie gleichzeitig auf technisch übertragbare Anteile ein. Zudem dienen Medien der Erfahrungsselektion in der Funktion als Träger- oder Speichermedien. Nur in Form von Büchern, Bauwerken oder technischen Anlagen wird die soziale Erfahrungsselektion konkret und kann längerfristig, generationsübergreifend, auf die umfassendere Erfahrungskreation wirken.
Mit Referenz der antizipierenden Komponente auf den Prozess der Limitation ist zu prüfen, wie weit diese Limitation greift, wie mit ihr umzugehen ist, ob sie zu akzeptieren ist oder nicht und ob ihr Einfluss auf die ästhetische Erfahrung positiv oder negativ zu bewerten ist. Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass die Gesamtuntersuchung davon ausgeht, dass die menschliche Wahrnehmung und damit die ästhetische Erfahrung sich in der Interaktion mit Medien diesen zwar anpasst, jedoch keinesfalls zwangsläufig als von den Medien zunehmend beherrscht verstanden werden muss. Die technischen Bedingungen, welche die Medien vorgeben sind für deren Einfluss auf die Erfahrung nicht allein entscheidend. Ebenso bedeutsam ist das Medien-Schema, das die Erwartungen an den Umgang mit einem Medium repräsentiert. Verschiedene Personen können zum gleichen Medium unterschiedliche Medien-Schemata entwickeln. Dadurch stehen zunehmend mehr Medien und noch mehr Medien-Schemata für Interaktionen zur Auswahl. Doch ihre Entfaltung hängt vom Verhalten der Menschen, welche diese Medien herstellen und nutzen, ab. Menschen sind keiner Eigendynamik der Medien ausgeliefert, sondern haben Einflussmöglichkeiten. Zwei alternative Richtungen zur Einflussnahme werden im Folgenden reflektiert.
Soll der Prozess der Limitation im Sinne der resonanten Option durch die interpretative Perspektivität von Design beeinflusst werden, so kann dies durch die Strategie der Einfügung geschehen. Gibt dagegen die initiative Option die Richtung der Beeinflussung der medialen Limitation vor, so ist die Strategie der Öffnung für eine langfristig angelegte Umsetzung durch die emanzipative Perspektivität von Design zu wählen.
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- Wird die Strategie der Öffnung gewählt, ist es wichtig, diese mit der Einsicht voranzutreiben, dass jede Öffnung einer momentan registrierten Limitaion nach einiger Zeit an zunächst noch nicht erkennbare, neue Grenzen stößt. Dies zeigt beispielsweise die rasante Entwicklung der Informationstechnologie. Kaum sind leistungsfähigere Speichermedien produktionsreif, wird komplexere Software entwickelt, die bald wieder an die Grenzen der Speicherkapazität stößt. Die Wahl zwischen den Strategien der Einfügung und der Öffnung ist deshalb wiederholt zu treffen. Die emanzipative Perspektivität von Design kann Menschen bei ihrem riskanten Schritt aus der sicheren und einschätzbaren Begrenztheit unterstützen. Die Öffnung einer Grenze darf die Betroffenen nicht überrumpeln,…
- Der Strategie der Einfügung ist dann die bessere Wahl, wenn die Strategie der Öffnung einen so großen Aufwand erfordern würde, dass für die Nutzung des Mediums keine Zeit bliebe. So verschwenden viele Frauen kostbare Lebenszeit mit Versuchen, ihren Körper so zu verändern, dass er ihrem Medien-Schema von einem schönen Körper entspricht. Sie fasten, lassen sich operieren und investieren viel Zeit und Geld für Körperpflege, um die mit dem Körper verbundene Limitation zu durchbrechen. Würden sie ihren Körper akzeptieren und sich in seine Grenzen einfügen, wäre ihre Lebensqualität sicher höher. Auch auf gesellschaftlicher Ebene ist abzuwägen, ob es nicht vorteilhafter für…