Die rückgekoppelte Organisationsdynamik der subliminalen Teil- und Subprozesse erzeugt eine individuelle Erfahrungsgeschichte als ein implizites, subliminales Ganzes, einen Erfahrungsschatz. Daher ist die Akkumulation als wesentlicher Einfluss, Bedingung und Voraussetzung der subliminalen Komponente innerhalb der korrelativen Kreation von Erfahrung unter Beteiligung aller Komponenten herauszustellen.
Der Psychologe John Korte weist anhand vieler Beispiele nach wie durch den Einfluss der subliminalen Akkumulation von Erfahrung wirklich Erlebtes, nur Gehörtes oder Erträumtes vermischt wird (vgl. Korte, 1996). Die Erfahrungsakkumulation ist nach dem heutigen Kenntnisstand als dynamisch und variabel aufzufassen. Dagegen schienen Wilder Penfields Versuche ca. 1960 dem älteren Theoriemodell eines permanenten Gedächtnisses recht zu geben. Penfield entdeckte bei Operationen am offenen Gehirn, dass einige Patienten bei Berührungen des Cortex spontan längst zurückliegende Ereignisse wiedererlebten. Die Erinnerungen erschienen den Patienten als absolut authentisch und unverändert. Allerdings hatten nur 40 von etwa 1100 Versuchspersonen solche Erfahrungen und es ist unmöglich zu überprüfen, ob die Erinnerung tatsächlich ohne Veränderung wiedererlebt wurde.
Neuere Untersuchungen weisen im Gegensatz dazu nach, dass jede bewusste Erinnerung das damit zu verbindende subliminale Muster im Hinblick auf den jetzigen Erfahrungsstand leicht modifiziert. Versuchspersonen, die wiederholt in größeren Zeitabständen, nach ihrem Erleben des Challenger Absturzes befragt wurden, erzählten, wie die Versuchsleiter feststellten, jedesmal neue Geschichten mit der Überzeugung, sie würden immer die gleiche Erinnerung reproduzieren. Um zu verdeutlichen was dies bedeutet, zitiert William H. Calvin in seinem Buch »Die Symphonie des Denkens« eine Aussage des Computergurus und Texters der Gruppe Grateful Dead, John P. Barlow:
»Geschichte ist das, woran man sich erinnert, und wer meint, sie würde nicht ständig revidiert, hat nur die eigene Erinnerung nicht genügend beachtet. Wenn man sich an etwas erinnert, dann nicht an die Sache selbst, sondern nur an das letzte Mal, wo man sich an sie erinnert hat.« (Barlow 1984; in: Calvin 1995, S. 168)
Diese unvermeidliche Veränderbarkeit ist als Identitätsverlust zu bedauern. In ihr liegt aber die Lernfähigkeit des Menschen begründet. Diesem neuen Erkenntnisstand trägt die Ablehnung des Einsatzes von Lügendetektoren zur gerichtlichen Beweisführung in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1998 Rechnung. Im Unterschied zur Begründung eines früheren ablehnenden Urteils, welche als Argument das Recht auf Unantastbarkeit der Seele anführte und davon ausging, dass mittels dem Gerät tatsächlich ein Weg zum stabilen, innersten Kern eines Menschen geöffnet werden könnte, beruft sich die aktuelle Argumentation auf die Dynamik und leichte Beeinflussbarkeit des seelischen Geschehens auch durch persönliche Vorstellungen wie etwa dem Wissen gerade an einen Lügendetektor angeschlossen zu sein.
Die subliminale Akkumulation, im Sinne eines Sammelns, Speicherns, Verwaltens, Vergessens und Veränderns als Hauptprozess der Organisationsdynamik der subliminal bedingten Komponente ist nicht bewusst zu unterdrücken. Sie wirkt wesentlich in der Korrelation aller Erfahrungskomponenten mit. Ihre Bedeutung für die ästhetische Erfahrung liegt besonders in der lange Phasen oder das gesamte Leben eines Menschen mitprägenden Wirkung. Inwieweit Design langfristig auf die Zielrichtung der Akkumulation als Hauptprozess der Organisationsdynamik der subliminal bedingten Komponente Einfluss nehmen kann, wird im sechsten Kapitel hinterfragt.