Die bewusste Organisation von Ästhetischem unter dem Aspekt der perzeptiven Qualität und die Kommunikation mit anderen hinsichtlich dieser Qualität thematisiert die Art und Weise des Soseins des ästhetischen Materials in der Erfahrung. Weil diese ästhetische Erfahrungsqualität aus der psychischen Distanz heraus analysiert wird, kann ein angewandtes oder ein frei künstlerisches Objekt Anlass für Wertungen sein.
»Offensichtlich hat diese Ansicht dann etwas für sich, wenn die betreffenden Objekte keine Kunstwerke sind, sondern bloß Dinge, die im Netz der Hilfsmittel, welche das praktische Leben bestimmen, eine Rolle zu spielen haben. Es ist jederzeit möglich, die praktische Verwendbarkeit aufzuheben, einen Schritt zurück zu gehen und eine distanzierte Sicht des Objekts zu gewinnen, seine Gestalt und seine Farben zu sehen, sich an ihm zu freuen und es als das zu bewundern, was es ist, ohne alle Nützlichkeitserwägungen.« (Danto,1991, S. 46f)
Arthur C. Danto hält deshalb diese ästhetische Einstellung sogar für geeigneter zur Analyse von Designobjekten als von Kunstobjekten, weil aus ihr kein Spezifikum für Kunst abzuleiten ist. Hinsichtlich der Einübung der entsprechenden ästhetischen Kompetenz ist es daher gleichwertig, ob Musikvideos, Werbefilme und Plakate, Baumarktdesign, Architektur, eine Industrieanlage oder Küchenutensilien usw. thematisiert werden. Design sollte Anhaltspunkte für eine Rezeption geben, die sich an der Dinglichkeit festmachend zur perzeptiven Sinnlichkeit entfalten kann. Dies ist in Reduktion auf bloße Einhaltung der Bedingungen ästhetischer Erfahrung, ohne überflüssige Reize zuzulassen, unmöglich. Im öffentlichen Raum findet aggressiver Vandalismus häufig gerade dort statt, wo eine reduzierte, reizlose Gestaltung eingesetzt wurde und kommt weniger häufig vor, wenn durch Design Anknüpfungen für die Hinwendung zu Dingen in ihrem ästhetischen Sosein eingebracht werden.
Jürgen von Kempski definiert die Hinwendung zu Dingen, die sich dadurch ausgezeichnet, dass sie den oder das Andere, dem sie sich zuwendet, in seiner Eigenart belässt, als Zärtlichkeit. In seinem gestaltenden Tun sollten sich Designer diese »zärtliche« Einstellung bewahren. Zunächst gegenüber den Menschen für die sie entwerfen, indem sie deren Anders- und Eigenartigkeit im ästhetischen Ausdruck und Erleben akzeptieren, sie nicht mit dem Etikett der Trivialität versehen und nicht selbst für alles Fremdartige blind, einen elitären Sockel beanspruchen. Zweitens gegenüber den Dingen, die sie gestalten, indem sie diesen einen Hauch von Sinnlichkeit mitgeben, die sich im Akt der Zuwendung, entfalten kann. Aus der ästhetischen Einstellung des perzeptiven Qualität wird die Dinglichkeit in ihrer Eigenartigkeit akzeptiert.
»Wenn Sachlichkeit nicht nur, aber doch eben auch in Zärtlichkeit den Dingen gegenüber gründet, so schließt die sachliche Haltung als solche sicher noch kein kognitives Element ein, wohl aber ermöglicht sie Akte des Erkennens und des erkennenden Handelns in der Hingewendetheit auf Dinge oder Menschen, wie sie sind. Aber liegt vielleicht in der zärtlichen Zuwendung selber ein kognitives Element beschlossen, sagt uns das zärtliche Gefühl nicht gerade und als Gefühl: dies sei nun, wie es ist, wie wir es im Tasten, Sehen und Hören erfühlen?« (Kempski, 1983, S. 20)
Wenn aber die Dinge in ihrem syntaktischen Sosein zu unauffällig und ungeeignet zur Entfaltung von reflektierter Sinnlichkeit sind, wird die Zuwendung enttäuscht. Aus ethischen Gründen ist von Designern eine verantwortungsvolle Haltung zu ihrem Tun zu fordern. Entsprechend ergibt sich aus ästhetischen Gründen bezüglich der perzeptiven Qualität als bewusste, wertende Organisation des Ästhetischen die Forderung nach einer »zärtlichen« Haltung.
Ästhetische Erfahrung als perzeptive Qualität innerhalb der kognitiven Reflexion im Unterschied zur imaginativen Qualität oder zur empathiven Qualität zu begreifen, heißt auch eine ironische Distanz zur Wirklichkeit und zu sich selbst einnehmen zu können. Aus dieser Distanz kann wiederum eine bewusste Hinwendung zur Wirklichkeit erfolgen. Die spezifische perzeptive Qualität liegt in dem kognitiven Spiel zwischen Distanziertheit und Zärtlichkeit bezüglich dem ästhetischen Material. Durch die Ausrichtung von Design auf die formative Aktualität kann diese Entfaltung sowie die bewusste Erfahrung der damit verbundenen positiven Qualitäten gefördert werden.