Die Wahrnehmung und ästhetische Erfahrung der sozialen Komponente wird nicht von den einzelnen Teil- und Subprozessen als solchen bestimmt. Hierfür sind vielmehr die Rückkopplungsprozesse, welche die individuelle Erfahrungsgeschichte bezüglich der sozialen Komponente mitgenerieren maßgebend. Aufgrund dieser Kreiskauslität zwischen den Teilprozessen, Subbrozessen und Einflüssen durch andere Komponenten oder sonstige Faktoren bilden sich trotz der prinzipiellen Ganzheitlichkeit von Erfahrung unterschiedliche Schwerpunkte aus. Dadurch erfährt die soziale Dimension von ästhetischen Erfahrung eine mehr oder weniger stabile Akzentuierung. Typische Akzentuierungen sind als Vorstellungen von verschiedenen sozialen Strukturen modellhaft beschreibbar. Zwar wird ein Kommunikationsbeitrag auch in seinem Eigenwert und seiner Bedeutung bezüglich dem sozialen System beurteilt, aber die eigentliche Bedingung der kommunikativen, menschenbezogenen Dimension der ästhetischen Erfahrung resultiert aus der bewussten oder unbewussten Orientierung an Vorstellungen von sozialen Strukturen. Ob die sozialen Strukturen als mental verdinglicht und subjektiv projizierst oder als kommunikativ entwickelt und konkret verwirklicht verstanden werden, in jedem Fall bietet die Orientierung an ihnen wie Giddens hervorhebt jeweils strukturtypische Ressourcen an und gibt ebenso strukturtypische Regeln vor. Deshalb ist weniger nach der Ursache einer Orientierung zu fragen, als vielmehr zu untersuchen, in welcher Weise die Orientierung an einer Struktur durch deren typische Bedingungen, in Form von Regeln oder Ressourcen, die mit dieser verbundene kommunikative Dimension ästhetischer Erfahrung akzentuiert und beeinflusst Hierzu sind zunächst typische Strukturen zu differenzieren. Eine Variable für die Differenzierung von sozialen Organisationsstrukturen stellt die Erfahrung bezüglich dem Teilprozess der Partizipation, beispielsweise durch Kommunikationsbeiträge, dar. Die Struktur ist hinsichtlich der individuellen Beteiligung als offen oder geschlossen erlebbar. Eine zweite Variable ergibt sich aus der Wirkung der Kommunikationsbeiträge, indem eine Struktur als dynamisch oder statisch erfahren wird. Sowohl die Orientierung an einer für die individuelle Mitwirkung offenen, als auch an einer geschlossenen Struktur kann die kommunikative Dimension der ästhetischen Erfahrung positiv oder negativ akzentuieren. Dies gilt ebenso für eine im Verhältnis der möglichen Wirkung eines Kommunikationsbeitrags dynamische oder statische Struktur.
Eine extrem offene Grundstruktur wäre beispielsweise dadurch gegeben, dass jede individuelle Äußerung als Kommunikationsbeitrag in einem sozialen System Eingang fände. Die dadurch erzwungene Beteiligung an der Kommunikation ließe den Individuen keine Zeit und keinen Freiraum dafür, die ästhetische Erfahrung an anderen Dimensionen des Selbstkonzepts auszurichten. Einige Personen die im sogenannten öffentlichen Leben stehen, sind diesem Druck einer solch allumfassenden Struktur ausgesetzt. Inwieweit diese totalitäre Struktur in einer Gesellschaft verwirklicht ist, wird daran erkennbar, ob die prinzipielle Möglichkeit besteht, sich beispielsweise als Einsiedler absichtlich aus der Kommunikation und der Mitwirkung an der sozialen Selektion auszuklinken. Dagegen wäre eine extrem geschlossene Grundstruktur dadurch gekennzeichnet, dass die Mehrzahl der Menschen in keiner Weise an der kommunikativen Selektion teilnehmen könnte. Mit einer solchen Struktur ist beispielsweise das soziale System der Atomwissenschaft assoziierbar.
Eine extrem dynamische Struktur läge dann vor, wenn jeder Kommunikationsbeitrag sofort verändernd auf die Struktur einwirken könnte. Eine anfänglich gegebene Struktur wäre dann bald nicht mehr erkennbar und die Wirkung eines speziellen Beitrags nicht mehr zu verfolgen. Für Paul Virilio ist diese dynamische Struktur, durch die Geschwindigkeit der elektronischen Datenübertragung und die damit verbundene Beschleunigung der Kommunikation sowie der Wahrnehmung schon verwirklicht. Die verselbständigte Beschleunigung macht jede ästhetische Erfahrung gegenüber einer sozialen Struktur unmöglich. Es kommt zu einer »Ästhetik des Verschwindens«. Beispielsweise gelingt es vielen Menschen bezüglich dem Nachrichtensystem kaum, sich annähernd auf einem aktuellen Informationsstand zu halten, um wenigstens noch der Berichterstattung zum Zeitgeschehen folgen zu können. Durch die Unfähigkeit mit dem Tempo mithalten zu können, bleiben Versuche aktiver Kommunikationsbeteilung auf der Strecke. Im Gegensatz zu dieser extremen Dynamik weist beispielsweise das soziale System der Kirche, insbesondere die Organisation des Klosterlebens, eine extrem statische Struktur auf. Eine wiedergeborene Nonne aus dem Mittelalter könnte sich vergleichsweise leicht in eine gegenwärtige klösterliche Struktur einfinden.
Durch die Kombination der Parameter »offen und geschlossen« für die Variable der Beteiligung an der Kommunikation und der Parameter »dynamisch und statisch« für die Variable der Wirkung des Kommunikationsbeitrags sind typische Organisationsstrukturen zu definieren, welche die ästhetische Erfahrung bezüglich der sozial bedingten Organisationsdynamik akzentuieren. Zu Beginn kann die Akzentuierung durch den Strukturtyp, der theoretisch aus der Kombination der Parameter »geschlossen und statisch« entsteht, als wenig ergiebig für die weiteren Untersuchungen ausgeschieden werden. Der Typ mit den Parametern »geschlossen und dynamisch« ist als hierarchische Struktur definierbar. Aus den Parametern »offen und statisch« ergibt sich eine integrative Struktur. Den Parametern »offen und dynamisch« ist eine polyvalente Struktur zuzuordnen. Diese drei verbleibenden Strukturen zur Akzentuierung der ästhetischen Erfahrung bezüglich der sozial bedingten Komponente werden im anschließenden Untersuchungspunkt in Korrespondenz zu Design genauer definiert.