Limitation > Zur Strategie der »Einfügung« bezüglich der resonanten Option

Der Strategie der Einfügung ist dann die bessere Wahl, wenn die Strategie der Öffnung einen so großen Aufwand erfordern würde, dass für die Nutzung des Mediums keine Zeit bliebe. So verschwenden viele Frauen kostbare Lebenszeit mit Versuchen, ihren Körper so zu verändern, dass er ihrem Medien-Schema von einem schönen Körper entspricht. Sie fasten, lassen sich operieren und investieren viel Zeit und Geld für Körperpflege, um die mit dem Körper verbundene Limitation zu durchbrechen. Würden sie ihren Körper akzeptieren und sich in seine Grenzen einfügen, wäre ihre Lebensqualität sicher höher. Auch auf gesellschaftlicher Ebene ist abzuwägen, ob es nicht vorteilhafter für die künftige Entwicklung ist, das technisch Machbare vorerst aufzuschieben und sich in die Begrenzung durch Medien wie Verkehrssysteme oder Energieversorgung einzufügen, um den Krafteinsatz auf die Weiterentwicklung anderer Aspekte wie den Ausbau des Bildungssystems richten zu können.

Entsprechend der Strategie der Einfügung ist die interpretative Perspektivität von Design daraufhin anzulegen, Lösungen zu entwickeln, durch welche die Limitation akzeptabel wird und keine zu großen Abstriche für die Lebensqualität erzwingt.

Beispiele für die interpretative Perspektivität von Design

Hinsichtlich Medien mit organischer Logik muss deren limitierende Wirkung auf die Erfahrungskreation oft akzeptiert werden. Chronisch Kranke müssen ihre Schmerzphasen selbst bewältigen. Frauen müssen verschiedene körperliche Einschränkungen, welche Menstruation und Schwangerschaft mit sich bringen, annehmen. Das adaptive Potential von Design kann den Betroffenen das Ertragen der Einschränkungen erleichtern, sie aber nicht davon befreien. Durch die interpretative Perspektivität wird der Blick auf langfristige Verbesserungen gerichtet, an denen viele Menschen, mitwirken und auch die Betroffenen selbst einbezogen werden, damit sie mitmenschliche Unterstützung erfahren und nicht allein gelassen sind.

Die Strategie der Einfügung in die Limitation der Erfahrungskreation durch Medien mit kontextueller Logik ist durch das auf die interpretative Perspektivität ausgerichtete situative Potential von Design umzusetzen. Bewohner von Häusern in erdbebengefährdeten, von Überschwemmungen oder Wirbelstürmen bedrohten Gebieten müssen lernen, mit der Gefahr zu leben. Mittels Design zu verbessern ist ihre Lebensqualität durch erdbebensichere Bauweise oder Angebote von nachträglich zu installierenden Schutzeinrichtungen.

Die Erfahrungslimitation durch Medien mit gesellschaftlich gewachsener, standardisierter Logik wird im Prinzip durch das zugehörige innovative Potential von Design im Zuge ständiger Entwicklungsprozesse verändert. Veränderungen führen aber nicht immer zu Verbesserungen der Interaktion mit diesen Medien. Vielen Menschen bleibt keine andere Wahl, als sich in die Grenzen der Medien mit standardisierter Logik einzufügen. Wenn sie einmal den Anschluss an innovative Entwicklungen wie die Erneuerung von Programmstrukturen verpasst haben, ist es schwer dieses Wissensdefizit im Umgang mit den Medien aufzuholen. Ein Berufstätiger lernt nur mit den Programmen zu arbeiten, die seine Firma nutzt. Bei einem Wechsel der Firma kann es passieren, dass sich sein Wissen als in der Zwischenzeit völlig überholt herausstellt, da andere Firmen ihre Systeme längst umgestellt haben. Die immer schneller werdende Veralterung beruflichen Wissen ist ein Fakt. Diese medienbezogene Limitation kann sich dadurch auswirken, dass der Betroffene keinen neuen Job findet, bevor er nicht aus eigener Kraft das Versäumte aufarbeitet. Jeder hat die hierfür notwendigen Voraussetzungen sicher nicht. Unter der interpretativen Perspektivität von Design wäre daher auf gesetzlicher Ebene den Berufstätigen ein festgelegter Zeitraum zur ständigen Weiterbildung einzuräumen und speziell auf die Wissenslücken eingehende Trainigsprogramme als Computer Based Traning / CBT oder Web Based Training / WBT zu konzipieren. Dadurch erhielten sie die Chance, sich wenigstens in die Limitation einfügen zu können und nicht völlig von der aktiven Interaktion mit den der standardisierten Logik unterliegenden Medien ausgeschlossen zu werden.

Selektion > Zur Strategie der »Universalisierung« bezüglich der resonanten Option

In historischen Phasen von durch Naturgewalten ständig bedrohten Lebensbedingungen war es notwendig, die soziokulturelle Selektion von Erfahrung aufgrund der praktischen Bedeutung, die sie für das Überleben haben konnte, zu vereinheitlichen, um als starke Gemeinschaft die Gefahren zu bewältigen. Diese Strategie zur Sicherung der Lebensbedingungen stellt heute keine Notwendigkeit mehr dar. Zudem besteht ein Überfluss an Erkenntnissen, sodass die Hütung ihrer unverfälschten Weitergabe nicht mehr überlebenswichtig ist und mit weniger Aufwand gesichert werden kann. In Museen, Bibliotheken oder dem World Wide Web ist für jedermann zugänglich zu recherchieren, welche Erkenntnisse verschiedene Kulturen in den vergangenen Jahrtausenden aus ihren Erfahrungen selektierten. Es ist möglich zu analysieren, was seither zu einem Erfahrungsbereich an modifizierenden oder völlig neuen Erkenntnissen hinzugekommen ist sowie bessere und schlechtere Erfahrungsselektionen zu vergleichen. Angesichts dieser vorhandenen Vielfalt von Erkenntnissen zu ähnlichen Erfahrungsbereichen, die sich in der Lebenspraxis gleichermaßen bewährt haben, entbehrt das strikte Beharren auf der unveränderlichen Stabilität, der Absolutheit einer Erkenntnis jeder Notwendigkeit. Auf einen Problembereich bezogene, unterschiedliche Erkenntnisse können als prinzipiell gleichwertig bewahrt und für unterschiedliche Interpretationen oder weiterentwickelnde Erneuerungen bereit gehalten werden. Trotzdem entscheiden sich viele Menschen für die Sicherheit und Stabilität versprechende resonante Option.

Die resonante Option kann bezüglich der sozialen Erfahrungsselektion durch Ausrichtung der korrespondierenden interpretativen Perspektivität von Design auf die Strategie der Universalisierung verwirklicht werden. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich die drei typischen sozialen Organisationsstrukturen (vgl. Kapitel 4.3) hinsichtlich ihrer Eignung für eine Beeinflussung durch die Strategie der Universalisierung und die interpretative Perspektivität von Design unterscheiden.

Beispiele für die interpretative Perspektivität von Design

Dominiert die integrative Struktur innerhalb einer Kultur, so drückt diese fast ohne wertende Selektionen vorzunehmen die Zusammengehörigkeit aller Menschen, die sich auf sie beziehen aus. Hierzu passt die Strategie der Universalisierung. Die interpretativen Perspektivität von Design kann rücksichtsvoll auf die Unterschiede der Individuen eingehen. Mittels der Strategie der Universalisierung der sozialen Erfahrungsselektion entsteht eine umfassendere Einheit. Diese integriert individuelle Differenzen und lässt es zu, dass jeder nach seinen Kräften an der Fortführung der universellen Erfahrungsselektion beitragen kann. Nicht die Differenzen im Kleinen werden betont, sondern die Gemeinsamkeiten im Großen. Unter der interpretativen Perspektivität von Design ist langfristig die Komplexität des kollektiven Potentials von Design zu steigern, das heißt, der Lebensstandard und das Allgemeinwissen verbessern sich. Im Vergleich zu Beginn des Jahrhunderts, als nur wenige Gebildete aktiven Anteil an der Erfahrungsselektion hatten, ist in den westlichen Ländern heute der Großteil der Bevölkerung dazu fähig komplexe Alltagshandlungen eigenständig durchzuführen und beispielsweise selbst Auto zu fahren, Bankgeschäfte abzuwickeln, Behördengänge zu erledigen.

Überwiegen hierarchische Strukturen, dann formiert sich die kulturelle Erfahrungsselektion aus dem, bezüglich den gewählten Idealen, optimierten Wissen von Eliten. Als Extrakt der linearen Optimierung entsteht explizites Wissen, das zu verstehen aber entsprechendes Vorwissen voraussetzt, dessen Erwerb nicht jedermann zugänglich ist. Es bilden sich Wissenseliten, die beispielsweise wissenschaftliche Disziplinen repräsentieren und nicht miteinander in Verbindung gebracht werden können, weil sie je auf ihrer Linie optimiert sind. Die Tradierung und weiteren Optimierung dieser auseinanderklaffenden Wissensspitzen verlangt die Heranbildung nachrückender Eliten. Prozesse der Erfahrungsselektion werden von oben gesteuert. Dies zeigt sich dadurch, dass das als unwichtiger eingestufte Wissen den Menschen an der Basis der Hierarchien übertragen wird und alle Kräfte darauf konzentriert werden, einigen wenigen den Aufstieg zu ermöglichen. Durch die willkürliche Einstufung von Menschen sind konkurrierende Machtkämpfe um die Auswahlkriterien für relevantes Wissen und persönliche Aufstiegsberechtigung vorprogrammiert. Obwohl unterschiedliche Wissensebenen entstehen, wird die hierarchische Struktur von der Strategie der Universalisierung gestärkt. Zwar bildet jede Ebene für sich eine Einheit, diese ist aber an die umfassende, übergeordnete Einheit der hierarchischen Struktur als Ganzes gebunden. Die auf Universalisierung ausgerichtete Erfahrungsselektion einer hierarchisch strukturierten Gesellschaft verschlingt die humane Energie für die Tradierung ihrer Inhalte und lässt für Erneuerungen, Weiterentwicklungen und Diversifizierung immer weniger Freiraum. Ein Beispiel für das Scheitern einer Gesellschaft durch das Festhalten an einer hierarchischen Struktur kombiniert mit der Strategie der Universalisierung, ist der Untergang der ägyptischen Pyramidenkultur. Die Unterstützungswürdigkeit der Strategie der Universalisierung bezüglich der hierarchischen Struktur durch die interpretative Perspektivität von Design ist daher kritisch zu prüfen.

Bestimmt eine polyvalenten Struktur die Erfahrungsselektion, dann stehen Elemente aus verschiedenen Bereichen und Entwicklungsstufen nebeneinander. Dadurch werden spielerische, kreative Verknüpfungen von Erfahrungen möglich. Bezüglich der polyvalenten Struktur und dem partizipativen Potential von Design ergeben sich die Selektionskriterien für Pflege und Tradierung von Wissen nicht zwangsläufig aus dem Aufwand einer Elite, welche dieses Wissen erzeugte, sondern erfolgt mit Rücksicht auf gegenwärtige oder zukünftige Relevanz. Die Erfahrungsselektion lässt sich keinem Universalanspruch unterstellen. Parallel werden verschiedene Richtungen verfolgt und in Relation zu verantwortlich ausgewählten Erfordernissen ständig modifiziert, verworfen oder erneuert. An diesen Prozessen kann sich jeder in verschiedenen Formen und auf unterschiedlichen Ebenen, je nach seinen Fähigkeiten im Rahmen von Selbstverantwortung und Toleranz beteiligen. Deshalb ist die Strategie der Universalisierung und die zugehörige Umsetzung durch die interpretative Perspektivität von Design mit der polyvalenten Struktur inkompatibel.

Akkumulation > Zur Strategie der »Vertiefung« bezüglich der resonanten Option

Ohne ein Identitätsgefühl als Erfahrungshintergrund können Menschen keine selbstbestimmte Aktivität entwickeln. Sie benötigen daher zur Selbstfindung und Selbstentfaltung durch die Vertiefung des Erfahrungshintergrunds Optionen in Resonanz zu ihrer Wirklichkeit. Zu beachten ist jedoch, dass eine zu starke, nur auf sich selbst bezogene Identität in das zwischenmenschliche Abseits führen kann. Deshalb ist die dynamische, flexible Erweiterung der subliminalen Akkumulation von Erfahrung ebenso wichtig wie deren Vertiefung.

Die interpretative Perspektivität von Design kann schwerpunktmäßig sensitiv, animativ oder impulsiv ausgerichtete Interpretationen anbieten. Diese sollten dem gegenwärtigen Aktivitätsziel entsprechen, anschließbar sein, zur sinnhaften Erfahrungsakkumulation führen, Wichtigkeit gewinnen, ein Gefühl von Vertrautheit festigen und somit das persönliche Wirklichkeitskonstrukt bestätigen, stärken und vertiefen. Durch solche Designangebote werden selbstverständlich erscheinende ästhetische Anschlussmöglichkeiten geschaffen und längerfristig dazu beigetragen, dass die vertrauten Komponenten des Selbstgefühls im Zuge der Erfahrungsakkumulation zu einer persönlichen Identität verwachsen.

Beispiele für die interpretative Perspektivität von Design

Gestaltung und Nutzung von Interfaces sind für viele Designer und Nutzer noch ungewohnt. Deshalb erfolgt die erste intuitive, auf den Erfahrungsschatz bezogene Orientierung oft anhand ästhetischer Elemente, die aus der zweidimensionalen Gestaltung bekannt sind. Dadurch kommen die speziellen Möglichkeiten der digitalen Medien nicht voll zum Einsatz und Designer wie Nutzer fühlen sich im Umgang mit den neuen Medien im Vergleich zu ihren Erfahrungen bezüglich der gewohnten Medien bestätigt. Sie stellen fest, dass sich nichts Wesentliches geändert hat oder sind enttäuscht, weil der Bildaufbau oder die Lesbarkeit der Schrift nicht der gewohnten Druckqualität entspricht.

Das Anknüpfen an bewährte Erfahrungen wie die Anwendung visueller Ordnungsregeln hilft zwar bei der Annäherung an ein neues Medium, erzeugt aber noch keine Vertiefung des Erfahrungsschatzes. Erst ästhetische Hinweise, welche die momentan bevorzugte subliminale Tendenz ansprechen und dazu anregen, zum Beispiel im Zuge multimedial unterstützter Interaktionen, weitere die gewählte Tendenz fortführende Screens zu öffnen, verhelfen zu einer vertiefenden Erfahrungsakkulumation. Die Nutzerführung der CD-Rom »Lumpensammler im Datenraum«, die das Werkbund-Archiv in Berlin vorstellt, bietet unterschiedliche Wege zum Erkunden des Archivs an. Selbst wenn die Fakten bereits als solche bekannt sind, macht es Vergnügen, die Navigationswege gemäß momentaner Vorlieben auszuprobieren und den Erfahrungsschatz zu vertiefen.

Digitale Medien wie Websites oder CD-Roms bieten die technische Voraussetzung für eine den subliminalen Tendenzen entgegenkommende Nutzerführung. Da die unterschwelligen Erwartungen an die Website einer Firma oder Institution sowie der Erfahrungsstand der verschiedenen Interessenten sehr unterschiedlich sind, bietet es sich an, jeder Nutzergruppe auf sie abgestimmte Navigationswege durch die Site zu ermöglichen. Dies kann durch die Unterscheidung von für den Benutzer sichtbarem und unsichtbaren, die technische Funktionalität betreffenden Design umgesetzt werden.

Das sichtbare Design vermittelt durch ästhetisch auf die Zielgruppen abgestimmte Designmasken, in denen das Corporate Design der Firma erkennbar bleibt, dem Nutzer den Eindruck einer klaren, zielführenden Navigation. Zu diesen Designmasken gehören je spezifische Bilder, Animationen, Sounds und Textformulierungen. Das unsichtbare Design betrifft die Kompatibilität aller Datensätze auf der Programmebene. Auf diese Weise fühlt sich jeder Besucher persönlich angesprochen und ist innerlich zur Vertiefung seines Erfahrungsschatzes bereit. Außerdem ist gewährleistet, dass jeder Nutzer die Navigation nach seiner momentanen Tendenz und seinem Wissenstand selbst steuern kann und alle Datensätze für ihn erreichbar sind. So kann in Resonanz zu den anzusprechenden Klienten für einen sportbegeisterten, von der somatischen Tendenz beeinflussten Jugendlichen eine andere Designmaske entwickelt werden, als für eine empfindsame, der introvertierten Tendenz folgenden Person oder für einen professionellen Anwender, der bestimmt von der explorativen Tendenz nach neuen Impulsen Ausschau hält.

Evaluation > Zur Strategie der »Profilierung« bezüglich der resonanten Option

Differenzierte Analysen während einer ästhetischen Erfahrung durchzuführen ist beinahe ausgeschlossen, ohne die gegenwärtige Erfahrungsqualität zu beeinträchtigen. Es ist aber im Anschluss und in Zwischenphasen möglich, zu unterscheiden, Schwerpunkte oder sich mit der Zeit verändernde Vorlieben im persönlichen Erleben zu erkennen. Einzelerfahrungen, die durch bewusste, wiederholte Evaluation aktuell bleiben, können wiederum zu einer weiteren, die gesamte Lebenszeit integrierenden Charakteristik verschmelzen. Design hat die Aufgabe, der Strategie der Profilierung entsprechend, einer ästhetischen Erfahrung die besondere Kontur, den im Nachhinein bewertbaren Erfahrungscharakter zu verleihen, der zugleich die Einzelerfahrungen einerseits voneinander trennbar macht und andererseits zu fruchtbaren Wechselwirkungen und der Formierung neuer bewusster Profilierungen von Erfahrung anregt.

Mittels der Strategie der Profilierung werden Bezugssysteme für das bewusste Erleben und Evaluieren von ästhetischer Erfahrung angeboten, welche diese als qualitative Erlebniseinheit vom Hintergrund des alltäglichen Erfahrungsflusses abheben. Aktives Bewerten und Erleben fördert die Erkenntnis, dass es auf die subjektive Entfaltung und Genussfähigkeit von Lebensqualität ankommt und diese nicht anhand objektiver Größen messbar ist.

Die interpretative Perspektivität von Design wird der Strategie der Profilierung gerecht, indem es Schwerpunkte setzt, Erfahrungstypen kreiert, diese kombiniert, wieder differenziert usw. oder auch nach dem Vorbild des Gesamtkunstwerks möglichst viele ästhetische Erfahrungskomponenten gleichzeitig in einer aufeinander bezogenen, profilierten Art und Weise herausstellt. Aus diesem Grund bleibt es sinnvoll, Kategorien zu bilden, Gattungen und Genres zu unterscheiden. Diese sind sowohl in ihrer Reinform zu pflegen als auch experimentell zu neuen Typen zu verbinden.

Beispiele für die interpretative Perspektivität von Design

Die perzeptive Qualität entwickelt sich als reflektierte Sinnlichkeit markanter, wenn sich das formative Design auf einige ästhetische Mittel konzentriert und kein zusammengetragenes Sammelsurium ästhetischer Möglichkeiten gleichzeitig präsentiert. Deshalb haben beispielsweise schwarzweiß Fotos einen besonderen Reiz. Geschmackliche Gemeinsamkeit als besondere Erfahrung konkretisiert sich mittels weniger Charakteristika. So bestimmen die Farben Orange und Braun das typische Geschmacksprofil der siebziger Jahre. Konkrete Dinglichkeit entsteht überhaupt erst durch die profilierte, besondere Abgrenzung von einem Umfeld. Der Architekt Jean Nouvel nutzt hierfür eine dicke Glasscheibe, um ein Gebäude in Paris von der Straße abzuheben und erzeugt für den Fußgänger durch die Lichtbrechung des Glases einen besonderen Blick auf eine Wiesenfläche, die sonst unbeachtet geblieben wäre. Es entsteht überraschend eine profilierte, perzeptive Erfahrungsqualität im Alltag.

Die Strategie der Profilierung fördert die evokative Aktualität von Design einer empathiven Erfahrungsqualität durch die Hervorhebung und Konturierung bestimmter Gefühle. Bezüglich dem Selbstgefühl kann beispielsweise ein weicher Ohrensessel in gediegener Farbgebung das Gefühl von Geborgenheit vermitteln oder bunte, frische Farben bei Kleidung oder Heimtextilien fördern das Gefühl von innerer Leichtigkeit. Die Dramaturgie von Festen wie den Eröffnungsfeiern zu olympischen Spielen führt die Teilnehmer durch verschiedene, voneinander trennbare Gefühlserfahrungen zu besonderen Ausformungen der gegenwärtigen Verbundenheit. Profilierte und doch wechselnde Ausrichtungen von lebendiger Anmutung und charakteristischen Stimmungen können in Gebäuden durch Zonen mit starker, schwacher, natürlicher oder künstlicher Beleuchtung und unterschiedlichen Sitzmöbeln geschaffen werden. Dadurch ergeben sich beim längeren Aufenthalt in dem Gebäude, wie zum Beispiel einem Rehabilitationszentrum, immer wieder Ansatzpunkte, welche die alltägliche Erfahrungsdynamik durchbrechen, Profiliertheit der Erfahrung sowie innere Nähe herstellen und zur bewussten, ästhetischen Erfahrungevaluation anregen.

Die prospektive Aktualität bezieht die Strategie der Profilierung hinsichtlich der imaginativen Qualität ein. Die individuelle Abstimmung wird durch zunehmende digitale Vernetzung erleichtert. Neben der positiven Wirkung auf die ästhetische Erfahrung vergrößert sich bei unzureichender Reflexion die Gefahr der Manipulation. Der fiktive Selbstentwurf wird beispielsweise zielgruppengemäß durch eine, die Profiliertheit der ästhetischen Erfahrung ansprechende Werbung für immaterielle, zukunftsorientierte Produkte, wie Bausparkassen oder Versicherungen, aktiviert und auf eine spezielle Richtung gelenkt, an der sich die persönliche Generierung des Selbstentwurfs anlehnt. Zielgenaue Ansprache von Internetnutzern, die durch Datenanalyse möglich wird, versucht den fiktiven Selbstentwurf der Nutzer auf den, von dem Produktanbieter erwünschten Weg zu bringen und diesen weiter auszubauen.

Projektive Einigkeit erwächst aus einem, durch die prospektive Aktualität angeregten, prägnant profilierten Erlebnis. Zum Mainfest in Frankfurt stiegen bereits 1997, ein Jahr vor dem hundertfünfzigjährigen Jubiläum der Deutschen Nationalversammlung in der Paulskirche, tausende rote, schwarze und goldene Luftballons auf, um projektive Einigkeit im Hinblick auf das kommende nationale und für die Stadtgeschichte wichtige Ereignis zu erzeugen. Bezüglich der virtuellen Inszenierungen wird die Strategie der Profilierung genutzt, um immer neue Variationen auszugestalten. Temporäre Umweltgestaltung inszeniert jedesmal eine modifizierte oder neue Form bezüglich der Profilierung. Das prospektive Design von wiederverwertbaren Messeständen muss so konzipiert sein, dass mittels kleiner Änderungen immer wieder in andere Richtungen profilierte Inszenierungen möglich sind. Konzepte für den Städtetourismus beinhalten Stadtführungen, die durch wechselnde Themen ein jeweils besonderes Erfahrungsprofil inszenieren.