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[4.3.1.2]
Beispiel für das distinktive Potential von Design

Beispielsweise wiederholen altägyptische Inschriften endlos die Preisungen der Herrscher. An der Zahl der mühsam eingemeiselten Inschriften läßt sich der Status des Herrschers ablesen. Durch den aufwendigen altägyptischen Totenkult wird der natürlichen Wandlung der hierarchischen sozialen Organisationsstruktur regulativ entgegengesteuert.

Vom distinktiven Potential dominiertes Design muß sich streng nach den maßgebenden Vorgaben richten. Deshalb gibt es keine echten Alternativen quer zu den Niveaus, sondern nur Variationen auf dem gleichen Niveau. Die Dinge ähneln, zitieren, wiederholen, bestärken sich gegenseitig und manifestieren die Beziehung zu einem bestimmten Niveau.

Die Regulierung hinsichtlich der Beständigkeit und Stimmigkeit des adäquaten Designs für ein bestimmtes Niveau erfolgt durch die Erfüllung von Erwartungen an die demonstrative Kraft des distinktiven Potentials. So gehört das ausladende Ledersofa in einen großzügig gebauten Wohraum, der mit üppig fallenden Stoffen und bauchigen Keramikgefäßen punktuell dekoriert ist. Eine private, aus zusammengewürfelten Erinnerungsstücken gewachsene Bilderwand wirkt in diesem Ambiente kleinkariert und deplaziert. Durch die festgefahrenen Erwartungen und Wahrnehmungen der Ausdrucksformen sozialer Niveaus, kann ein unpassender oder sogar lächerlicher Eindruck entstehen, wenn Produkte, die verschiedenen Niveaus zugehören, kombiniert werden. Zur Orientierungserleichterung der Kunden werden deshalb zunehmend Produktkombinationen, eine Automarke plus Parfum, Lederjacke oder Sofa, Trimmgerät oder Kamera, Biermarke oder Kaffee usw. in der Werbung gezeigt. In dieser Sparte trägt das distinktive Design eindeutig auch zur weiteren Verfestigung sozialer Ungleichheit bei. Ähnlich wie im Mittelalter, als das kostbare Rot den Adeligen vorbehalten war, wogegen ein nicht zu intensives Blau von jedermann getragen werden durfte und daher kaum ein Adeliger sich in blauer sowie kein Arbeiter oder Bauer in roter Kleidung zeigen durfte, erscheint es heute vielen Menschen unpassend, wenn ein Arbeiter mit einem silbernen Auto der gehobenen Klasse vorfährt und der Chef mit einem unscheinbaren Kleinwagen. Allein durch die Weigerung, an dieser Art des distinktiven Potentials von Design mitzuwirken, ist nicht zu verhindern, daß sich weiterhin viele Menschen daran sowie an der zugehörigen hierarchischen Struktur mit der Zielvorgabe der Kaufkraft orientieren. Diese Regulierung zieht die prinzipiell stattfindene Wandlung wieder in die tradierten Bahnen zurück.

Einen anderen Akzent bezüglich dem Kriterium der Steuerbarkeit setzt das distinktive Potential von Design auch in eigener Sache durch die Bewahrung von einmal erreichten Standards. Anstelle weiter mit Design zu experimentieren gehen oftmals gerade die Innovatoren in einer zweiten Phase wieder auf die kanonischen Traditionen zurück und halten an der als Quereinsteiger erreichten Position innerhalb der hierarchischen Struktur fest. Eine Besinnung dieser Art mit teils regressiven Zügen ist beispielsweise in den Arbeiten von Neville Brody, Philippe Starck oder Vivienne Westwood zu beobachten, die alle nach einer Experimentierphase zu beruflichem Erfolg kamen und anschließend wieder die Wichtigkeit von stabileren Gestaltungskriterien betonten.

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