6.2.1 Resonante Option ästhetischer Erfahrung
und interpretative Perspektive von Design
Die bisherigen Untersuchungen belegen die Einschätzung, daß die
ästhetische Erfahrung von Menschen, welche selten passende Resonanzangebote hinsichtlich
der subliminal, sozial oder medial bedingten Komponente ihrer Tätigkeit und
Erfahrungsbildung vorfinden, verarmt. Die Betroffenen können kein individuelles
Lebensglück empfinden und entfalten, wodurch sie anfällig für Fremdsteuerung werden.
Dagegen kann eine durch die resonante Option geprägte ästhetische Erfahrung, welche
die verschiedenen bedingenden Kriterien einbezieht und nach Bedarf und im
Interesse einer Förderung der Individualität gewichtet, zu deren aktiver Entfaltung
verhelfen. Indem ein Mensch durch seine entwickelte ästhetische Erfahrung immer wieder
Anlässe für Lebensfreude findet fällt es ihm leichter, ein selbstgesteuertes, langfristig
als ein gelungenes zu bewertendes Leben zu führen.
Ein solch positives Lebensgefühl kann zusätzlich durch die interpretative
Perspektive von Design in Korrespondenz zur resonanten Option ästhetischer Erfahrung
gefördert werden. Dies verlangt eine verstärkte Integration subjektiver Kriterien in die
Konzeption neuer Produkte. Doch noch immer sind viele Profidesigner von Versuchen zur
Objektivierung des Ästhetischen beeinflußt. Obwohl sie ihre Tätigkeit im
ideellen Sinne primär als Dienstleistung für den Endkunden, nicht den
zwischengeschalteten Auftraggeber begreifen und ihre gestalterische Selbstverwirklichung
zurückstellen, wählen sie vor die Frage gestellt, ihren Entwurf entweder an den ästhetischen
Wunschvorstellungen von Nutzern oder an einem auf objektive Maßgaben
geschrumpften ästhetischen Repertoire zu orientieren, häufig die letztere Alternative. Die
Entwurfsergebnisse bleiben vielen Nutzern fremd, sie finden darin zu wenig Resonanz
bezüglich ihrer persönlichen ästhetischen Erfahrungen. Zwar können sie den Gebrauch der
Dinge erlernen, aber diese werden nicht in den individuell oder sozial gewachsenen
Lebenskontext einbezogen. Vorwiegend auf die objektive ästhetische Dimension
reduziertes Design kann hinsichtlich der von den Nutzern gewünschten Lebensqualität nur
selten Resonanzräume zur Bestätigung, Entfaltung und Verbesserung der
ästhetischen Erfahrung anbieten. Menschen, die in solchermaßen großteils entfremdeten
Kontexten leben, entwickeln nur bedingt persönliches Verantwortungsgefühl für die Pflege
und den Erhalt der Dinge. Dies gilt nicht nur für private, sondern auch für öffentliche
oder berufliche Lebensbereiche. Wie tief die Empfänglichkeit für ästhetische
Erfahrungsqualität im Menschen verankert ist, zeigt das deutlich weniger aggressive
Verhalten geistig behinderter Menschen in einem Wohnumfeld, das ihrem
Wirklichkeitsempfinden ästhetisch entgegenkommt gegenüber neutralen, nur nach funktionalen
Gesichtspunkten gestalteten Heimeinrichtungen.
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