[5.3.2.3]
Beispiel für das situative Potential von Design
In diesem Zusammenhang ist auch ein differenziertes Technikverständnis zu
entwickeln, das Medien mit hohem technischen Bearbeitungsanteil nicht pauschal als schädlich
für Mensch und Natur verurteilt. So weist etwa moderne, vollständig aus Nylon gefertigte
Kleidung gegenüber einem Baumwollprodukt einen höheren Tragekomfort, bessere
Pflegeleichtigkeit und eine annähernd einhundertprozentige Wiederverwertbarkeit auf. Diese
Nylonkleidung ist somit gerade durch die komplexe technische Fertigung umweltverträglicher
als vergleichbare Baumwollprodukte und es ist daher sinnvoll die zugehörige Technologie
zu vemitteln und zu verbreiten.
Zu einer umweltverträglichen, einander ergänzenden Einprägung der aus westlichem
und östlischem Lebensstil gewonnenen Erfahrungen kommt es zum Beispiel im Bereich der
Nahrungsmittelverarbeitung. Die Filiale eines Shanghai Hotels in Hamburg nutzt zwar die
Methoden und Gerätschaften der asiatischen Küche, läßt aber keine Originalzutaten
einfliegen, sondern verwendet großteils die Nahrungsmittel der Region.
Friedrich Schmidt-Bleek entwickelte am Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt,
Energie das Faktor-10-Konzept, dessen leichter realisierbarere Variante im 1995
erschienenen Öko-Bestseller »Faktor 4« von
Ernst Ulrich von Weizäcker präsentiert wurde. Bleek setzt
den Materialaufwand mit seinem Nutzen in Verbindung. Hierauf basiert das MIPS-Konzept,
das den Material-Input pro Einheit Service berechnet. Je mehr solcher Einheiten für die
Herstellung eines Produkt benötigt werden, desto größer ist der ökologische Rucksack, den
das Produkt mit sich trägt.
Durch diese Berechnungseinheit wird es möglich, die Effizienz des Materialeinsatzes
bezüglich verschiedener Materialien und deren Förderungs- und Verarbeitungsverfahren
sowie den Transport- oder Recyclingaufwand zu vergleichen. Ziel ist es, bei gleichbleibender
oder sogar steigender Lebensqualität das Material zukünftig zehnmal effizienter als heute
einzusetzen. Für das situative Potential von Design heißt dies, daß die Qualität der durch
Interaktion mit einem Lebenskontext gewonnenen Erfahrungen auch in andere Kontexte
verbreitet und medial geprägt werden kann, wenn die manifestierende Einprägung unter
Beachtung der Bedingungen der jeweiligen Umweltgegebenheiten erfolgt und mit deren
kontextueller Logik beispielsweise dem Klima abgestimmt wird. So ist die Energieversorgung
der Haushalte nicht in erster Linie durch die Absenkung der Wohntemperatur, welche oft als
zu kühl empfunden wird, effizienter zu gestalten. Es ist vielmehr zu prüfen, ob sich
zentrale oder dezentrale Energieversorgung besser eignet, welche Wärmedämmung möglich ist
und welche Heizenergie, von der Muskelkraft über biologische Brennstoffe bis zur Wind-
oder Solarenergie je nach Beschaffenheit des Lebensraums günstiger ist.
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