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[5.3.3.2]
Zum Kriterium der »Verbindlichkeit«
bezüglich der kontextuellen Logik

Im Unterschied zur Interaktion mit organischen Medien, deren Registrierung manchmal nur vom subjektiven Beobachterstandpunkt aus, im innerlich geschlossenen Raum erfolgt, beinhaltet das Interagieren mit kontextuellen Medien eine Öffnung nach außen. Erst dadurch kann jedes Individuum aktiv seine Erfahrungen in den Lebenskontext einbringen. Der Prozeß der Reaktivation bezüglich des Umgehens mit Medien, die einer kontextuellen Logik unterliegen, betrifft jedoch nicht nur den einzelnen, sondern viele Menschen und verändert deren Lebenskontext. Daher gehören zum Subprozeß der Befähigung in Relation zur Interaktion mit kontextuellen Medien zwei bedingende Einflußfaktoren. Ein Faktor ist durch die individuelle Fähigkeit zum Eingreifen in den Lebenskontext gegeben. Der zweite, in diesem Zusammenhang wesentlichere Faktor, betrifft die Prüfung der Relevanz oder der Zustimmungsfähigkeit der kontextbezogenen Interaktion für die Mitbetroffenen. Die Veränderungen an Medien mit kontextueller Logik bringen nämlich für alle, die ihr Handeln auf sie beziehen, neue Verbindlichkeiten mit sich. Dies erfordert von einem Akteur die Bereitschaft, für sein kontextbezogenes Handeln einzustehen, Verantwortung zu übernehmen und seine Erfahrung somit nach dem Kriterium der Verbindlichkeit zu erfassen und zu bewerten. Die Hoffnung, eine Erfahrung könne auch für andere Menschen gültig sein und somit im positiven Sinne Verbindlichkeit beanspruchen sowie die Unsicherheit, ob dieser Anspruch je einzulösen ist, drückt ein Gedicht von Philipp Larkin aus:

»Und hast du einmal deinen Geist durchmessen, dann überblickst du wie in einer Inventarliste, worüber du verfügst. Alles andere darf für dich nicht existieren. Und was ist damit gewonnen? Nur dies, daß wir uns wiederfinden in der zufallsblinden Prägung, die sich in allem zeigt, was wir tun; vielleicht, daß wir verstehen, woher sie stammt. Doch an dem grünen Abend, wenn für uns der Tod beginnt, nur zu bekennen, worin sie bestand, ist kaum zufriedenstellend, denn sie galt nur einmal, nur für einen Menschen, und der liegt im Sterben.« (Übersetzung aus dem Englischen von Christa Krüger, in: Rorty, 1989. S. 52)

Fraglich ist, wie die Hoffnung darauf, durch kontextbezogene Interaktion im Sinne des Kriteriums der Verbindlichkeit positive Akzente für die Erfahrung setzen zu können, jemals in größerem Umfang eingelösen ist, ohne Stück für Stück den Raum möglicher Bedeutungen auszufüllen. Neu hinzukommenden Akteuren bliebe dann nur das Erkunden dieses fertigen, abgeschlossenen Bedeutungsraums überlassen, ohne die Möglichkeit eigenständig an den Prozessen der Aktivation, der Manifestation und der Reaktivation bezüglich Medien mit kontextueller Logik mitwirken zu können.

Das situative Potential von Design kann mithelfen, dem Kriterium der Verbindlichkeit dadurch zu entsprechen, daß möglichst jeder Mensch an der Gestaltung seines Lebenskontexts aktiv teilnehmen kann, wenigstens durch ein zustimmendes oder ablehnendes Votum. Dadurch wäre auch zu verhindern, daß der Einfluß auf die Erfahrung bezüglich Medien mit kontextueller Logik großteils von oben, aus Machtpositionen heraus vorgegeben wird und sich nicht von unten, aus der Lebensdynamik wachsend, entfalten kann.

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