5.2.1 Organische Logik ästhetischer Erfahrung
und adaptives Potential von Design
Die organische Logik als eine typische Ausprägung der medial bedingten
Komponente hängt besonders eng mit der subliminal bedingten Komponente und den
subliminalen Organisationstendenzen zusammen (vgl. Kapitel 3). Wie deren
Untersuchung ergab, wird der Großteil der Reize, seien sie außerkörperlich oder innerkörperlich
registriert, bereits auf subliminaler Ebene ausgewertet und in entsprechendes
Verhalten umgesetzt. Was als spontanes, unmittelbares Verhalten erscheint, ist immer
schon durch den Organismus vermittelt. Jedoch soll sich in diesem Zusammenhang die
Bezeichnung organische Logik weniger auf die Physiologie beziehen, als vielmehr auf
das persönliche Körperbild als Medien-Schema, das jeder in sich trägt und das die
Beurteilung der eigenen körperlichen und auch geistigen Fähigkeiten mitbeeinflußt.
So ist der Prozeß der individuellen Akkumulation von Erfahrung auch am
Wandel persönlicher Einstellungen erlebbar. Mit zunehmendem Alter entwickeln sich
andere Interessensschwerpunkte als in der Jugend, und manchmal kommt beim
Vergleichen von Erinnerungen und dem jeweils aktuellen Erfahrungsstand der Wunsch auf,
einige zurückliegende Entscheidungen zu revidieren oder sogar jetzt nochmals neu zu
beginnen. Selten läßt dies der Boden der Tatsachen, nämlich die bereits
konkretisierten Erfahrungen und deren mediale Logik, zu. Insbesondere die organische Logik
setzt dem Willen nach Veränderungen Grenzen. Als typische Gründe hierfür sind der
Alterungsprozeß und die spezifische Ausformung des Körpers durch Gewöhnung an
übliche Tätigkeiten einer Person zu nennen. Zum Beispiel prägt kontinuierlicher
Kraftsport den Körper in besonderer Weise, so daß es mit den Jahren fast unmöglich wird,
feinmotorische Fähigkeiten wie sie für das Geigenspielen notwendig sind
auszuführen. Viele ältere Menschen zeigen aber, daß es auch noch im Alter möglich ist, geistig
und sportlich aktiv zu sein und Neues zu lernen. Eine Voraussetzung dafür ist sicher
die innere Orientierung an einem Körperschema, das ein Gefühl von Jugendlichkeit
wach hält. Wie verschiedene Forschungen zur Beobachtung der Veränderungen des
objektiven, medizinisch vergleichbaren Gesundheitszustands bei älteren Menschen
belegen, fühlen sich bei ähnlicher körperlicher Gesamtverfassung Menschen mit einem
positiven Körperbild wohler, erkranken seltener und genesen rascher, als Menschen
mit einem negativen Körperschema.
Die organische Logik ist somit nicht nur als objektiv gegebene zu
analysieren, sondern im vorliegenden Zusammenhang hauptsächlich als veränderbare. Daher ist
zu untersuchen, in welcher Weise eine spezifische Ausrichtung des medial bedingten
Potentials von Design zu einer Verbesserung der durch die organische Logik
beeinflußten Erfahrungsqualität beitragen könnte. Wichtig wäre es, zu einem positiveren Gefühl
für das innere Körperschema zu verhelfen. Beispielsweise dadurch, daß jemand
seine unheilbare aber nicht lebensbedrohliche Krankheit akzeptieren lernt. Hierbei
können unterstützende, speziell gestaltete Hilfsmittel eingesetzt werden. So hilft ein
Medikament, dessen Wirkung für eine Woche oder einen längeren Zeitraum nach der
Einnahme anhält, dabei, nicht täglich durch die Tabletteneinnahme an die Krankheit
erinnert zu werden. Auch gute Prothesen wie u.a. für Zähne verbessern das Gefühl für
das eigene Körperschema. Diese Beispiele aus dem medizinischen Bereich
verdeutlichen, wo das spezielle Potential von Design ansetzen muß, um verbessernd auf die durch
die organische Logik bedingte ästhetische Erfahrung zu wirken. Wichtig ist es, auf
die organische Logik des einzelnen Menschen sowie auf seine bevorzugte Art der
Interaktion mit der Umwelt zugeschnittene Designlösungen zu entwickeln. Diese
spezifische Ausrichtung wird im weiteren als adaptives Potential von Design bezeichnet.
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