[4.3.2.3]
Beispiel für das partizipative Potential von Design
Sogar der Bereich der Verkehrszeichen läßt sich ein stückweit
dem partizipativen Potential von Design öffnen. So erlaubte die Stadt Erfurt leider nur solange, bis der
übergeordnete Gesetzgeber tätig wurde, die Anbringung witziger Varianten von Männchen auf
Ampelblenden. Diese entstanden im Rahmen einer Initiative zur Rettung des ostdeutschen
Ampelmännchens, nachdem dessen Verlust als kollektives Potential im Alltag durch die
Übernahme der westdeutschen Variante im Zuge der
Widervereinigung einigen Menschen bewußt wurde.
Das partizipative Potential von Design läßt Ansatzpunkte für die
Interessensvertretung von Einzelpersonen oder Gruppen zu. Beispielsweise entwarf ein Berufsschullehrer mit
seinen Schülern einen sehr einfachen, kostengünstigen Solarkocher für Entwicklungsländer
und gründete eine Firma, um diesen Kocher herstellen und vertreiben zu können. Diese
Entwicklung und aktive Vertretung von Interesse für diese Thematik war nur wegen der offenen
Organisation der Schule und Lerninhalte möglich. Das Produkt selbst ist stärker nach
den Kriterien des kollektiven Potentials von Design gestaltet.
Auch die Beteiligung an der Disziplin Design als einem sozialen System kann durch
das partizipative Potential und die Orientierung an der polyvalenten Struktur
gekennzeichnet sein. Das heißt, Designer sind nicht verpflichtet, einen Formenkanon zu befolgen, sondern
können ihre Ansichten verwirklichen, ihre Interessen vertreten. Mut zur Selbständigkeit
hinsichtlich der Formulierung von Aufgaben und deren eigenverantwortliche Lösung ist
eine wichtige Charaktereigenschaft von kreativ und engagiert tätigen Menschen in allen
Bereichen, so eben auch im Design. Die ästhetisch innovativen Entwürfe von
David Carson oder Philippe Starck, die zunächst aus deren jeweils subjektiven Interessen entstanden,
zeigen vielen jungen Designer, daß es noch immer möglich ist, unter Absehung von
drückenden, innerdisziplinären Verpflichtungen wie der Orientierung an einem minimalistischen
ästhetischen Formenkanon, selbstgesetzte Interessen und gestalterische Ansprüche zu verfolgen.
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