[3.3.3.2]
Beispiel für das sensitive Potential von Design
Viele Fahrgeschäfte auf Jahrmärkten bieten ein intensives, erfüllendes Erlebnis von
Gegenwärtigkeit an. Das ungewohnte Bewegungsgefühl bei weitgehend garantierter
Sicherheit erfreut die Menschen. Die intellektuelle Mißachtung solcher Erlebnisangebote
konnte ihren Erfolg nicht bremsen und ist ungerechtfertigt, denn das komplexe Design von
Achterbahnen ist längst eine Angelegenheit für Experten.
Die Techno-Musik basiert nicht auf melodischen Kompositionen, sondern auf dem
sensitiven Potential von subliminalen Wirkungen auf die ästhetische Erfahrung durch
Klänge und Rhythmen. Filme für Kinos mit Imax-Technlogie, die eine
Panorama-Projektionswand mit beweglichen Zuschauerpllätzen kombiniert, haben nicht in erster Linie die Aufgabe,
eine gute Geschichte zu erzählen, sie sind vielmehr durch das sensitive Potential
dahingehend zu gestalten, daß sie eine intensive Körpererfahrung des gegenwärtigen Beteiligtseins
am Geschehen ermöglichen. Auch Computerspiele, die Autorennen oder Flugerfahrungen
simulieren, bieten eine ungefährliche Möglichkeit des intensiven Auslebens der
somatischen Tendenz an.
Küchenutensilien zur Zubereitung der Speisen und zum Servieren vom Kochtopf bis
zum Serviettenhalter haben nicht nur die Aufgabe gebrauchsgerecht zu funktionieren,
sondern dienen darüberhinaus dem die Sinne erfreuenden und der somatischen Tendenz
entsprechenden Genuß beim Kochen und Essen. Das Kriterium der Gegenwärtigkeit kann
gerade bezüglich dem alltäglichen Vorgang des Essens qualitativ gefördert werden und die
Vielfalt der Speisen sollte sich auch in der Vielfalt der Service, Gläser und Bestecke ausdrücken.
So hat es sich die Bewegung »Slow Food« zur Aufgabe gemacht, alles was zur
Leibesfreude des Essens gehört, zu kultivieren. Denn letzlich trägt eine Erfüllung der Sinne und
das positive Erleben von körperlicher Gegenwärtigkeit auch zu einer Abkehr von kalter,
distanzierter Oberflächlichkeit und einer Bereicherung der Herzensbildung bei. Da nicht
jedermann in seiner eigenen Küche diese Qualität erreichen kann, ist die Gastronomie gefordert,
auch breiteren Zielgruppen einen genußvollen Umgang mit Nahrung, wenn auch nicht jeden
Tag, so doch bei Gelegenheit zu ermöglichen.
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