[3.3.3.3]
Zum Kriterium der »Zufriedenheit«
bezüglich der introvertierten Tendenz
Innere Leichtigkeit als Kriterium für die emotionale Intensität innerhalb der
introvertierten Tendenz verflüchtigt sich nach einiger Zeit und geht in die Stimmung
von Zufriedenheit über. In dieser Stimmung kommt die introvertierte Tendenz nach
einer aktiven Phase zur inneren Sammlung und zur selbstbezüglichen Vertrautheit. Die
Emotion der Zufriedenheit schafft innere Harmonie und Sicherheit. Sie erzeugt eine
starke mentale Bindung zu den assoziierten ästhetischen Reizen und integriert sie als
positive Qualitäten in den Erfahrungshintergrund. Aus dieser ausgeglichenen,
gestärkten Basis kann ohne Streß der nächste Aktivitätsschub erwachsen. Die innere
Ausbreitung von Zufriedenheit wird durch einen ruhigen oder vorhersehbaren Reizkontext
und ausreichend Zeit für lässige Muße begünstigt. Hier wird der Kontrast zu dem
Empfinden während einer explorativen Tendenz, aus deren Sicht Zufriedenheit eher
nagativ als Lethargie, genügsame Bescheidenheit
oder Langweile erscheint, besonders deutlich.
Zufriedenheit länger als für die Regeneration zur nächste Aktion notwendig zu
genießen, erscheint im heutigen sozialen Leben als altbacken und regressiv. Trotz
Überproduktion in den verschiedensten Lebensbereichen bleibt die Fähigkeit zum
ruhigen Genießen und dauerhafter Zufriedenheit nach einer intensiven Phase suspekt.
Sie verlangsamt als Pause im individuellen Tun bei zunehmender Verbreitung auch
politsche oder ökonomische Entwicklungsprozesse. Deshalb wehrten und wehren sich
an sozialer Gleichberechtigung interessierte Vertreter der gestalterischen Moderne
gegen den Gebrauch ästhetischer Elemente, die geeignet sind, das Aufkommen einer die
Seele einlullenden, heimeligen, biederen, gemütlichen Zufriedenheit zu begünstigen.
Die Konsumgüterindustrie thematisiert zwar ständig die Kundenzufriedenheit, müht
sich aber gleichzeitig darum, sie durch immer neue Produktangebote weiter
anzustacheln und zur Erreichung eines vermeintlich höheren Zufriedenheitsniveaus zu drängen.
Diese konträren Aspekte sind bei der Konzeption von Design mit Dominanz des
animativen Potentials hinsichtlich der Förderung von Zufriedenheit einzubeziehen
und abzuwägen. Das Kriterium der Zufriedenheit läßt sich nicht an Einzelobjekten
festmachen. Wie Abraham Moles mit seiner Konzeption von Design als
Umgebungsdesign (vgl. Beitrag von Moles in: Gsöllpointner Hrsg., 1981) verdeutlicht, benötigt
der Mensch zum streß- und angstfreien Leben ein Gefühl der Stabilität seiner Umwelt.
Dieses konkretisiert sich innerhalb der introvertierten Tendenz durch Angebote, die
dazu animieren, ihnen gegenüber mentale Nähe und innere Eingebundenheit zu
entwickeln und Lebensqualität mit Zufriedenheit genießen zu können.
|